Frage an Ulrich Kelber von Michel K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kelber,
in der aktuellen Ausgabe der c´t aus dem Heise-Verlag findet sich ein Artikel über die geplante Sperrung von Internetseiten mit Kinderpornografischem Inhalt mittels der Verpflichtung der Provider, anhand von Sperrlisten DNS-Umleitungen einzurichten. Ganz abgesehen von der mangelnden Effektivität dieser Maßnahmen hat mich dabei ein Sachverhalt besonders beunruhigt: Es scheint keine Möglichkeit vorgesehen zu sein, gegen eine Nennung eines Internetauftritts auf dieser Liste irgendwie vorgehen zu können.
Dies erscheint mir als Fortsetzung der Tendenz, zur Durchsetzung diverser Ziele (Terrorbekämpfung, Kinderpornografie, etc.) Maßnahmen zu ermöglichen, gegen die Betroffene nur schwer vorgehen können. (Keine Information von Betroffenen im neuen BKA-Gesetz; keine Möglichkeit, eine solche Internetsperre zu löschen)
Wie betrachten Sie diesen Verfall der Rechte der Bürger, sich gegen staatliches Unrecht zu verteidigen und wie sehen sie die geplanten Internetfilter, die ja ohne nennenswerten Mehraufwand auch andere ungewünschte Inhalte filtern könnten, z.B. rechtsextreme, kriminelle oder politisch ungewünschte Inhalte?
Vielen Dank für Ihre Antwort und freundliche Grüße wünscht,
Michel Kangro
Sehr geehrter Herr Kangro,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu dem Plänen, Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten zu sperren.
Außer den Ankündigungen des Bundesministerin von der Leyen kenne ich keine konkreten Plänen geschweige denn Gesetzentwürfe oder Vorlagen. Insofern kann ich mich nicht zu angeblichen Regelungsvorschlägen äußern, die ich nicht kenne.
Im Ausschuss für Neue Medien des Bundestages wird es zu diesen Überlegungen in dieser Woche ein öffentliches Fachgespräch geben, in dem auch die von Ihnen angesprochenen Kritikpunkte eine maßgebliche Rolle spielen werden.
Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu, dass das mögliche Sperren von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten sofort weitere Begehrlichkeiten zum Sperren anderer Internetseiten nach sich ziehen wird, was ja tatsächlich auch schon geschehen ist und höchst bedenklich werden kann, weil es schnell nach Zensur stinkt.
Auch hielte ich das Sperren von bestimmten Internetseiten, ohne die betroffenen Betreiber der Seiten davon zu unterrichten für rechtswidrig, eben weil die Betreiber dagegen Einspruch einlegen können müssen. Das ist aber ja bei den Betreibern von Seiten mit Kinderpornographie auch nicht wirklich das Problem, weil diese es ja gerade darauf anlegen, nicht erkannt zu werden, da ihre Inhalte weltweit strafbar sind.
Kurz: ich denke, dass es sinnvoll ist, über alle Möglichkeiten nachzudenken, wie wir die Internetseiten mit Kinderpornographie so unzugänglich wie möglich machen, dafür ist aber aus meiner Sicht ein Mix aus mehreren Maßnahmen notwendig, um nicht über das erwünschte Ziel hinauszuschießen. Die Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze, also die Möglichkeit des Einspruchs gegen Maßnahmen, ist dabei nicht verhandelbar.
Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber