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Frage von Marcel L. •

Frage an Ulrich Kelber von Marcel L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Kelber,
Lieber Uli,

ich frage mich wie Sozialdemokraten dem Militäreinsatz gegen die Piraten vor Afrika zustimmen konnten. Ein solcher Bundeswehreinsatz ist schlicht und ergreifend reaktionär.
Um es mal so zu formulieren: Hier wird der eigene (im vergleich zu Somalia gigantische) Wohlstand gegen materiell Schlechtergestellte mit Waffengewalt verteidigt. Statt über Alternativen im Kampf gegen Piraterie nachzudenken (sich z.B die soziale Lage in Westafrika vergenwärtigen und überlegen wie man da was verbessern kann) schickt man einfach die Armee runter um für Ruhe zu sorgen.
Von der CDU hätte ich nichts anderes erwartet, von der SPD hingegen schon. Wie rechtfertigst Du als Sozialdemokrat ein solches Abstimmungsverhalten?

viele Grüße,
Marcel

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Antwort von
SPD

Lieber Marcel Lippert,

vielen Dank für Deine Frage zum Bundeswehreinsatz gegen die Piraten vor Somalia. Der Golf von Aden ist - vor allem durch die Zu-/Abfahrt zum Suez-Kanal - eine der wichtigsten und meistbefahrensten Wasserstraßen der Welt. Diese Wasserstraße zu sichern und zu schützen halte ich international wie national gesehen für wichtig und richtig.
Bei den Diskussionen im der SPD-Bundestagsfraktion habe ich wie andere auch, darauf gedrungen, dass neben dem Bundeswehreinsatz selbst auch Hilfsmaßnahmen für Somalia und den staatlichen Wiederaufbau dort beschlossen werden müssen, denn die Piraterie in der Region hat ja handfeste Ursachen. Diese liegen vor allem im Zerfall der Staatsgewalt in Somalia, was dazu führte, dass die Gewässer vor der somalischen Küste nicht mehr geschützt wurden und von fremden Fischereiflotten geradezu "leer" gefischt wurden und den somalischen Fischern damit die Lebensgrundlage geraubt wurde. Dass sich diese irgendwann auf die Piratenseite schlugen ist sicher nachvollziehbar, muss aber dennoch abgestellt werden.
In Somalia leben etwa 1,1 Millionen Binnenflüchtlinge. Nach Angaben der UN sind ferner 3,25 Millionen Menschen und damit weit über ein Drittel der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen. Damit gehört das Land zu den größten humanitären Krisengebieten weltweit. Deutschland leistete in Somalia im Jahr 2007 humanitäre Hilfe in Höhe von 10 Mio. Euro, an Not- und Übergangshilfe weitere 4,9 Mio. Euro (plus Versorgung somalischer Flüchtlinge in Nachbarländern). Die deutsche humanitäre Hilfe belief sich im Jahr 2008 auf 3,6 Mio. Euro, die Not- und Übergangshilfe auf weitere 3 Mio. Euro (plus Versorgung somalischer Flüchtlinge in Nachbarländern). Aufgrund der schwierigen Sicherheitslage mussten viele Hilfsorganisationen ihre Arbeit in Somalia vor dem Einsatz stark einschränken oder ganz einstellen. Die humanitäre Hilfe durch Lieferungen des Welternährungsprogramms erfolgt zu 90 Prozent auf dem Seeweg. Der Schutz durch die Operation Atalanta ist daher für die Versorgung der somalischen Bevölkerung mit Lebensmitteln von zentraler Bedeutung.
Diese drei Ziele - die Sicherstellung der Versorgung der somalischen Bevölkerung, der Schutz der somalischen Küste vor fremden Fischereiflotten und der Schutz der wichtigen Wasserverbindungsstraße am Horn von Afrika sind mir jedenfalls Rechtfertigung genug, für diesen Einsatz zu stimmen, was daran reaktionär sein soll, kann ich nicht erkennen.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber