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Frage von Bernhard S. •

Frage an Ulrich Kelber von Bernhard S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Nun steht die Abstimmung zum BKA-Gesetz bevor. Dieses BKA-Gesetz das die in NRW gestoppte Online-Durchsuchung noch steigert und die Trennung von Polizei und Geheimdiensten praktisch aufhebt die aufgrund der Erfahrungen mit der GeStaPo eingeführt wurde. Dazu wird der Einbruch in Wohnungen legalisiert um Kameras und Mikrofone anzubringen. Dies alles ohne irgendwelche öffentliche Diskussion.

1. Meinen Sie, dass dieses Gesetz irgendwie dem velautbarten Zweck dienlich ist und warum? Können die dies konkret begründen?
2. Meinen Sie, dass dieses Gesetz dem Grundgesetz entspricht?
3. Meinen Sie, die die Lehren die man aus der Geschichte gezogen hat (z.b. Polizei-Geheimdienst-Trennungsgebot) heute noch gültig sind?
4. In Paragraf 20g des Entwurfes heißt es, das BKA dürfe als besondere Mittel der Datenerhebung Personen einsetzen, „die nicht dem Bundeskriminalamt angehören und deren Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt Dritten nicht bekannt ist (Vertrauensperson)“. Dies sind inoffizielle Mitarbeiter!
Weiterhin können bis zu drei Tage lang Wohnräume abgehört, kann rastergefahndet oder können Bundestrojaner versandt werden, ohne dass eine unabhängige Instanz Sinn oder Unsinn der Aktion überprüft.
Meinen Sie, dass die Privatsphäre der Bürger und der Schutz vor Überwachung (die Grundrechte im allgemeinen) wichtig sind?
5. Meinen Sie, dass es immer die Richtigen trifft oder halten Sie Kollateralschäden für vertretbar?

Wie wird man Terrorist? Inhaltliches zum Konstrukt der §129(a)-Verfahren
http://einstellung.so36.net/de/hg/konstrukt

->6. Werden Sie (evtl. mit ´Bauchschmerzen´) diesem Gesetz zustimmen? Wenn nicht: Was werden Sie dagegen unternehmen?

Das Verfassungsgericht hatte die Regierung aufgefordert, Menschenrechte stärker zu achten und das BKA-Gesetz zu überarbeiten. Sie hat es getan, den Entwurf aber sogar noch verschärft.
http://www.zeit.de/online/2007/38/BKA-Gesetz?page=all

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Sommer,

vielen Dank für Ihre höfliche Anfrage zum BKA-Gesetz. Das NRW-Online-Durchsuchungsgesetz ist vom Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklärt worden, das ist richtig, in der gleichen Entscheidung ist die Online-Durchsuchung aber grundsätzlich für verfassungskonform erklärt worden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dies ist in dem Gesetzentwurf zum BKA-Gesetz der Fall, dass haben die Sachverständigen bei der Anhörung des Innenausschusses im September hervorgehoben s. http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2008/2008_247/02.html

Dass ich Online-Durchsuchungen generell für falsch halte, ändert daran nichts!

Zu 1: Gesetze sollen immer einem bestimmten Zweck dienen, tun sie es nicht, werden Sie verbessert oder abgeschafft. Ein Gesetz, dass etwas verhindern soll (wie das BKA-Gesetz), hat es sicher schwerer, zu beweisen, dass es dienlich ist. Wie wollen Sie das konkret beweisen, dass durch das Gesetz terroristische Angriffe u.ä. verhindert wurden?
Zu 2: Ja, s.o.
zu 3: Ja, aber das BKA-Gesetz erreicht hier auch aus meiner Sicht eine Grauzone, die es sehr genau zu kontrollieren gilt.
zu 4: Ja, ich halte den Schutz der Privatsphäre der Bürger und die Grundrechte generell für wichtig. Deshalb bin ich auch der Auffassung, dass das BKA-Gesetz hier an einigen Stellen deutlich zu weit geht. Außerdem bin ich für einen generellen Richtervorbehalt, der hier aber in dringenden Fällen nicht gelten soll.
zu 5: Nein, natürlich können auch Unschuldige in Verdacht geraten, das ist doch heute schon so. Ich vertraue aber nach wie vor auf unseren Rechtsstaat, der in solchen Fällen für Richtigstellung und Entschädigung zu sorgen hat.
zu 6: Ja, ich werde dem Gesetz mit großen "Bauchschmerzen" zustimmen, weil die Mehrheit meiner Fraktion sich - trotz meiner dort klar vorgetragenen Bedenken - für dieses Gesetz ausgesprochen hat. Anders als bei der Abstimmung zur Vorratsdatenspeicherung, die das Verhältnis zwischen Staat und Bürger wegen der verdachtsunabhängigen Speicherung vollständig veränderte - halte ich diese Frage nicht für eine Gewissensfrage und stimme deshalb mit meiner Fraktion. Ich werde aber auch im Plenum meine Bedenken öffentlich machen.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber