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Frage von Werner B. •

Frage an Ulrich Kelber von Werner B. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Kelber,

danke für Ihre schnelle Antwort.

Der Frage, warum eine Beteiligung privater Anleger an der DB Mobility Logistics AG mehr Wettbewerb zur Folge haben soll blieb aber unbeantwortet (egal ;-)
Inwieweit kostensenkende Maßnahmen der DB im Hinblick auf die geplante Teilprivatisierung getroffen wurden und schon jetzt negative Begleiterscheinungen zeigen, möchte ich hier nicht nochmal erörtern.

Ich habe eine Frage, die mich mehr beschäftigt:
welchen Zweck haben Parteitagsbeschlüsse, wenn sie keinerlei rechtliche Bedeutung haben und von den Abgeordneten der Fraktion völlig ignoriert werden?

Hintergrund der Frage ist, daß der Hamburger SPD-Parteitag im Oktober 2007 beschlossen hat, daß eine Teilprivatisierung der Bahn über „stimmrechtslose Vorzugsaktien" erfolgen soll (das Modell des SPD-Vorstands als Grundlage für Verhandlungen mit der Union).
Im (damals schon wahrscheinlichen) Fall, daß die CDU dabei nicht mitspielen würde sollte der Parteivorstand (nach Beteiligung des Parteirates usw.) mögliche Lösungen beurteilen und dem nächsten Parteitag zur Entscheidung vorlegen, sprich die Bahnprivatisierung schien eigentlich schon vom Tisch zu sein.

So wie auf dem Parteitag beschlossen kam es aber bekanntlich nicht, da die Mitglieder der Fraktion nicht an den Parteitagsbeschluß gebunden sind und diesen ignoriert haben.

Also nochmal meine Frage:
warum überhaupt Parteitagsbeschlüsse? Bisher dachte ich, die Beschlüsse würden das Abstimmungsverhalten der Fraktion beeinflussen.

MfG
W. Behnke

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Behnke,

vielen Dank für Ihre Nachfrage zur Bahnprivatisierung.
Es ist richtig, dass schon zum Zeitpunkt des Hamburger Parteitages voraussehbar war, dass die CDU/CSU dem Modell der stimmrechtslosen Vorzugsaktien nicht zustimmen würde. Deshalb ist der angenommene Antrag, auf den Sie abzielen, ja bereits so formuliert gewesen, dass klar definiert wurde, welche Bedingungen eine Teilprivatisierung der Bahn erfüllen muss, um für die Partei zustimmungsfähig zu sein.
Die von Kurt Beck geleitete Arbeitsgruppe der SPD hat daraufhin ein Modell erarbeitet, dass alle geforderten Kriterien erfüllt und hat dieses in einer gemeinsamen Sitzung des Parteivorstandes und des Parteirates vorgestellt und zur Abstimmung gebracht. Es wurde dort mit großer Mehrheit angenommen, was auch dazu geführt hat, dass beschlossen wurde, dafür keinen Sonderparteitag einzuberufen. Da der Parteirat das höchste beschlussfassende Gremium zwischen Parteitagen ist, ist das mit dem Parteitagsantrag von Hamburg durchaus vereinbar.

Das von Kurt Beck vorgeschlagene Modell hat weitgehend Eingang in den Gesetzentwurf der Bundesregierung gefunden. Vor allem aber wurden alle vom Hamburger Parteitag beschlossenen Bedingungen für eine Teilprivatisierung mit dem Gesetzentwurf sichergestellt:
- ein streckenbezogener und transparenter Netzzustands- und -entwicklungsbericht über den Zustand des Schienennetzes,
- genaue Qualitätsstandards für Netze und Bahnhöfe, die Pflege und den Erhalt der Infrastruktur verbessern mit der Möglichkeit von Sanktionen bei Nichterfüllung und
- die parlamentarische Mitwirkung bei Aus- und Neubau (Schienenwegeausbaugesetz) und Bestandserhaltung (Netzzustandsbericht, Mitwirkung gemäß den Eisenbahngesetzen u.a.m.) erhalten und verbessern.

Darüber hinaus war gefordert und wurde beschlossen:
- Sicherstellung von Bestand und Leistungsfähigkeit des Netzes in der Fläche,
- Vermeidung einer stärkeren Belastung der Länderhaushalte,
- Sicherstellung der erforderlichen verkehrspolitischen Einflussnahmemöglichkeiten,
- Einbeziehung der Länder in die Erstellung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) und
- Stärkung der Regulierungsbehörde, um den Wettbewerb auf der Schiene zu unterstützen und insbesondere auch Renditen aus der vorwiegend öffentlich finanzierten Infrastruktur auf ein angemessenes Maß zu begrenzen.

Die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion konnten dem Gesetzentwurf zur Teilprivatisierung der Bahn also mit gutem (Partei)Gewissen zustimmen, weil die wichtigsten Forderungen des Hamburger Parteitages umgesetzt wurden. Darüber hinaus haben wir erreicht, dass ein Großteil der zu erzielenden Gewinne für den Lärmschutz an den Strecken genutzt werden soll, was uns im Rheintal ein besonders großes Anliegen ist.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber