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Frage von Peter K. •

Frage an Ulrich Kelber von Peter K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kelber,

vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Frage zum Nichtraucherschutz.

Nun habe ich aber noch Klärungsbedarf. Zunächst einmal darf ich doch davon ausgehen, dass die Regierungen den Willen des Volkes ausführen. Demnach müsste es also im Volk ein großes Bedürfnis nach Rauchverboten, sprich rauchfreien Lokalen geben. Sie schreiben aber ganz richtig:

"Wie Sie sicher noch selbst sehr gut wissen, war es einem Nichtraucher bis vor kurzem nicht möglich sich für eine rauchfreie Kneipe oder Gaststätte zu entscheiden, weil es die schlicht nicht gab."

Nun frage ich, warum gab es vor dem Rauchverbot so gut wie keine rauchfreien Lokale? Es gibt doch für jede Gruppierung Szenetreffs, es gibt Homosexuellenlokale, Technoschuppen, türkische Cafes, Künstlerkeller, Karaokekneipen, Weinschänken und für jeden auch noch so speziellen Geschmack etwas. Nur die Nichtraucher, die doch 70% der Gesellschaft stellen, bringen so etwas nicht fertig?

Wenn man Gaststätten als ein Produkt begreift, das angeboten und nachgefragt wird, dann muss man sich die Frage stellen, warum das Produktmerkmal "rauchfreie Luft" so wenig Attraktivität auch unter Nichtrauchern hat. Die Wirte wehren sich ja nicht gegen das Rauchverbot, weil sie selber paffen wollen, sondern weil sie Grund zu der Annahme haben, dass ihnen das Publikum davonläuft. Und zwar Raucher wie Nichtraucher. Würden NIchtraucher Rauchfreiheit einfordern und nachfragen, würde es auch ohne Gesetz an allen Ecken und Enden Nichtraucherlokale geben. Nun frage ich Sie: Dass es ohne Gesetz keine Nichtraucherlokale gibt, ist das nicht ein deutliches Zeichen, dass selbst Nichtraucher an solchen Lokalen nicht wirklich interessiert sind?

Auf der anderen Seite entstanden, wie Sie sicher wissen, mit Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes in NRW gerade auch in Bonn jede Menge Raucherclubs. Selbst die Kneipe im Stadthaus ist Raucherclub. Finden Sie nicht, dass dies einer Abstimmung mit dem Clubausweis gleichkommt?

MfG Peter Kanzow

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Sehr geehrter Herr Kanzow,

wir werden uns in der Frage der Rauchverbote wohl nicht einig werden:-) Ihre Frage kann man vielleicht am Besten mit einem Vergleich aus den Wirtschaftswissenschaften beantworten.

Unter einem Allmendegut, Quasikollektivgut oder Unreines Öffentliches Gut versteht man in den Wirtschaftswissenschaften Güter, die nicht der Ausschließbarkeit der Güternutzung ausgesetzt sind (also allen offen stehen, hier Kneipen und Restaurants), um die aber eine Rivalität zwischen den Nutzern (hier Raucher und Nichtraucher) herrscht. Fischbestände in einem Gewässer oder öffentliche Straßen sind Beispiele für Allmendegüter.
Der Begriff leitet sich von der Allmendewiese ab, zu der der Zutritt nicht begrenzt ist (es liegt also keine Ausschließbarkeit vor), gleichzeitig aber von den ursprünglichen Nutzern der Wiese gewonnen Erträge zurück gehen, wenn neue Nutzer hinzukommen (Rivalität). Allerdings ist der Übergang zwischen Ausschließbarkeit und Nichtausschließbarkeit fließend: So kann der Zugang zu einer Weide bis zu einer bestimmten Größe kontrolliert und damit beschränkt werden - in diesem Fall ist die Allmende selbst kein Allmendegut mehr, sondern ein Klubgut.

Sie meinen, dass ein solches Klubgut auch für Nichtraucher wenig attraktiv ist, weil es bspw. Raucher ausschließen würde. Das kann sein - geht es doch beim Besuch einer Gaststätte meist um einen gemeinsam verbrachten Abend und nicht um den Aufenthalt in einem am wenigsten gesundheitsschädlichen Umfeld. Daher nehmen viele Nichtraucher die Anwesenheit von Rauchern wohl zulasten ihrer eigenen Gesundheit in Kauf.

Wäre dieses Dilemma ausgeschlossen, indem es ein flächendeckendes Rauchverbot in Kneipen gäbe, würde diese "Tragik der Allmende" vielleicht gar nicht erst entstehen.

Freundliche Grüße

Ulrich Kelber