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Frage von Ogdan Ü. •

Frage an Ulrich Kelber von Ogdan Ü. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Lieber Hr. Kelber,

um eine Volksabstimmung in Deutschland zu vermeiden, wurden Art. 23, 54 und 93 geändert. In Irland hat nun eine demokratische Volksabstimmung ergeben, dass die Iren die "Diktaturverfassung" (so bezeichnet Prof. Dr. Schachtschneider den EU-Vertrag) ablehnen.

Ich bin heute auf den folgenden Vorschlag gestoßen (siehe http://bayern.zentrumspartei.de/downloads/Pressemitteilung_Abstimmung_EU_Irland_15_juni_2008-1.pdf

Ohne die etablierten europäischen Strukturen der Obrigkeiten, die die Bürger und das EU Parlament von der Gestaltung Europas ausschließen, propagiert das ZENTRUM das folgende Vorgehen:

1) Ab sofort werden lokale Verfassungskommitees gegründet, die Kandidatenlisten aufstellen und allgemeine, freie und geheime Abstimmungen vorbereiten.
2) Bis Ende 2009 werden Wahlen von Delegierten zu einer Verfassungsversammlung in allen EU Staaten durchgeführt. Alle EU Bürger wählen dabei auch einen Präsidenten der Verfassungsversammlung.
3) Die Delegierten werden nach einer Verfassungsversammlung, die auf 6 Monate angesetzt ist, den EU Bürgern zwei Verfassungsentwürfe vorlegen.
4) Über die beiden Entwürfe wird wiederum in allen EU Staaten, am gleichen Tag, zur gleichen Zeit, in einer allgemeinen, freien und geheimen Abstimmung entschieden.

Was halten Sie von einer solchen "Grassroots" Initiative? Wenn es zu einer vom Volk ausgearbeiteten und verabschiedeten EU Verfassung käme, würden Sie diese unterstützen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ücgür,

vielen Dank für Ihre Anfrage.
Unser Grundgesetz sieht, was ich sehr bedaure, keine Volksabstimmungen oder -befragungen vor und dies seit seinem Inkrafttreten 1949. Insofern ist das Grundgesetz auch nicht geändert worden, um eine Volksabstimmung über die europäische Verfassung oder den Vertrag von Lissabon zu verhindern. Ich hätte auch überhaupt kein Problem damit gehabt, wenn wir in Deutschland über die europäische Verfassung und den Vertrag von Lissabon durch einen Volksentscheid abgestimmt hätten, denn anders als Sie, Herr Prof. Schachtschneider oder die bayerische Zentrumspartei halte ich beide Vorschläge für gut. Sie wären ein echter Fortschritt für die gesamte EU gewesen, weshalb ich die Entscheidung der Iren sehr bedaure und hoffe, dass wir in der EU einen Weg finden werden, die Vorschläge doch noch in EU-Recht umzusetzen.
Man kann die repräsentative Demokratie, wie wir sie in Deutschland und vielen anderen EU-Ländern haben, für falsch halten, sie ist aber ganz sicher nicht undemokratisch. Insofern war der europäische Konvent, der den Vorschlag für die EU-Verfassung erarbeitet hat, demokratisch legitimiert und gut zusammengesetzt. Alle Vertreter im europäischen Konvent waren und sind Bürger der EU, vom Volk gewählt (nicht nur für diesen Konvent) und damit Volksvertreter. Also sind sowohl der Vorschlag für eine EU-Verfassung als auch der darauf basierende und von den Regierungen der EU-Ländern verabredete Vertrag von Lissabon von Volksvertretern ausgearbeitet worden.
Von zwei alternativen Vorschlägen für eine Verfassung würde ich tatsächlich gar nichts halten. Dies wäre abstimmungstechnisch nicht machbar und darüber hinaus unsinnig.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber