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Frage von Gabriele Bock (SPD-Mitglied 7. •

Frage an Ulrich Kelber von Gabriele Bock (SPD-Mitglied 7. bezüglich Finanzen

Lieber Uli Kelber,

Sie sind mein Abgeordneter und ich stelle mich für Sie in Godesberg auf den Theaterplatz und werbe für Sie. Aber leider habe ich Sie im Artikel der Südd.Zeitung von heute (Artikel:" Unbehagen in der SPD-Fraktion über höhere Diäten) n i c h t als dagegenstimmenden Abgeordneten gelesen. Diese Diskussion empfinden viele GenossInnen - auch ich - als unzumutbar, gerade im Zusammenhang mit den erhöhten Managerbezügen, der Bankenkrise, der minimalen Renten und der Mindestlöhne . Allein meine BfA-Rente hat sich seit 2002 von 533, 12 auf 531,76 verringert...Wie ist das denn nicht SPD-Mitgliedern zu erklären, dass Sie innerhalb von 4 Jahren eine Steigerung von 7009 auf 8159 € erreichen, warum sollen wir dann nicht die Linke wählen?

Grüße.GB

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Antwort von
SPD

Liebe Gabriele Bock,

vielen Dank für die Anfrage zur aktuellen Diskussion um die Diätenerhöhungen. Der Zeitpunkt für die Einbringung der Gesetzesänderung der Abgeordnetenentschädigung ist sicher nicht besonders glücklich, andererseits habe ich in den acht Jahren, denen ich dem Bundestag angehöre, gelernt, dass es keinen geeigneten Zeitpunkt für eine Diätenerhöhung gibt.

Lass mich einfach die Fakten darstellen, die Grundlage meiner Entscheidung sind:

Das Grundgesetz bestimmt in Artikel 48 Absatz 3, dass Abgeordnete einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung haben. Der Betrag der Entschädigung soll der Bedeutung des Amtes und der damit verbundenen Verantwortung und Belastung gerecht werden. Außerdem muss er auch den Rang berücksichtigen, der dem Mandat im Verfassungsgefüge zuteil wird. Darauf hat das Bundesverfassungsgericht seit seinem "Diäten-Urteil" vom 5. November 1975 (2 BvR 193/74) wiederholt hingewiesen. Der Bundesgesetzgeber hat diesen Vorgaben bei der Verabschiedung des Abgeordnetengesetzes im Jahre 1977 Rechnung getragen, indem er als Orientierungsgröße für die Entschädigung der Abgeordneten die Bezüge solcher Amtsinhaber wählte, die einer mit den Abgeordneten vergleichbaren Verantwortung und Belastung unterliegen. Als vergleichbar mit Abgeordneten, die Wahlkreise mit über 250 000 Wahlberechtigten vertreten, wurden Bürgermeister kleiner Städte und Gemeinden mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern angesehen oder Dezernenten von Städten wie Bonn. Als vergleichbar wurden ferner die einfachen Richter bei einem obersten Gerichtshof des Bundes angesehen, die bei der Ausübung ihres Amtes ähnlich wie Abgeordnete unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Es geht also um die Höhe des Monatsgehaltes von B 6/R 6.

Die monatlichen Bezüge dieser Personengruppen wurden bisher nicht erreicht, auch weil wir in den letzten zehn Jahren mehrmals auf Diätenerhöhungen verzichtet haben. Mit der schrittweisen Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung zum 1. Januar 2008 auf 7 339 ? (um 4,7 Prozent, 330 ?) und zum 1. Januar 2009 auf 7 668 ? (um 4,48 Prozent, 329 ?) sollte das ?Ziel? B 6/R 6 erreicht werden. Durch den Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst und die vorgeschlagene Übertragung dieses Tarifabschlusses auf die Beamtenbesoldung steigen nun auch die ?Zielgehälter? B 6/R 6. Deshalb haben die Koalitionsfraktionen einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, in dem die Tariferhöhungen für den öffentlichen Dienst auf die Abgeordnetenentschädigung übertragen werden, so dass die Diäten ab Januar 2010 tatsächlich dem Gehalt eine Dezernenten der Stadt Bonn entsprechen.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem "Diäten-Urteil? von 1975 betont, dass das Parlament selbst über die Höhe seiner finanziellen Leistungen entscheiden muss. Ihm ist es nicht gestattet, diese verbindliche Entscheidung auf eine andere Stelle außerhalb des Bundestages wie etwa eine Expertenkommission zu übertragen. Das Gericht hat außerdem geurteilt, dass die Entschädigung nicht an die Beamtenbesoldung gekoppelt werden darf, wir also ein eigenständiges Gesetz für die Abgeordneten einbringen müssen, aus diesen Gründen beschließt der Bundestag in einem transparenten, vor den Augen der Öffentlichkeit stattfindenden Verfahren im Plenum über die Höhe seiner Entschädigung, so wie jetzt auch. Uns ist bewusst, dass jede Diätenerhöhung nach einer neuerlichen "Selbstbedienung" aussieht, aber wir machen seit Jahren deutlich, nach welchen Kriterien wir entscheiden und welche Grundlage wir wählen. So auch in diesem Fall. Es ist sicher immer wieder eine Diskussion wert, ob die Tätigkeit eines Abgeordneten so viel wert ist, wie die eines Dezernenten der Stadt Bonn. Ich bin aber davon überzeugt, dass dem so ist.

Von all diesen Diätenerhöhungen profitieren im übrigen auch alle Abgeordneten der Links-Partei und anders, als von einigen gerne dargestellt und geglaubt, spenden die meisten Abgeordneten dieser Partei ihre "Mehreinnahmen" nicht. Es ist wohlfeil gegen eigene Gehaltserhöhungen zu stimmen, wenn man weiß, dass die Mehrheit es beschließt.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber