Portrait von Ulrich Kelber
Ulrich Kelber
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ulrich Kelber zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Wolfgang H. •

Frage an Ulrich Kelber von Wolfgang H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Kelber,

die Geschehnisse um Nokia zeigen uns, dass 1. sich Unternehmen opportunistisch verhalten (das ist keine neue Weisheit, denn das tun wir bei der täglichen Schäppchenjad alle), 2. sich die Vergabepraxis für Subventionen ändern muss, damit langfristiige Arbeisplätze entstehen und 3. die Globalisierung gewisser Spielregeln bedarf, so wie einst die Marktwirtschaft in Deutschland, um zu sozialen Marktwirtschaft zu werden.

Zu 1.) Bitte führen sie doch einmal Klärung herbei, welches Gefahrenpotenzial die durch das Erneuerbare Energien-Gesetz geschaffenen Arbeitsplätze beinhalten. Meines Wissens kommen US-amerikanische und chinesische Firmen nur wegen der Förderung nach D und saugen zusätzlich Know-how ab.

Zu 2.: Bitte setzen Sie sich für eine restriktivere Subventionspolitik ein bzw. für eine bessere (leichter zugänglche) Förderung des Mittelstands, denn nur der schafft wirklich Arbeitsplätze, hat nur leider nicht genug Stimme.

Zu 3.): Bitte setzen Sie sich dafür ein, dass analog wie bei der Einführung von ISO 9000 andere Länder unsere Sozialstandards und Umweltstandards einführen, bzw. Importeure nach D oder EU nachweisen müssen, dass die Produkte dementsprechend hergestellt wurden. Das wäre dann die nachhaltigkeitsorientierte Marktwirtschaft. Ansonsten fürchte ich, dass wir bei dem ständigen Vergleich hoher Standards in D (=hoher Kosten) mit niedrigen Standards (=niedrigen Kosten) in Indien oder China noch mehr Nokias erleben werden.

mfg Wolfgang Heedt

Portrait von Ulrich Kelber
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Heedt,

vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich denke, Ihre Befürchtung, dass wir noch weitere "Nokias" erleben werden ist leider zutreffend und es gibt kaum Möglichkeiten der Politik, dies zu verhindern. Das Beispiel Siemens/BenQ hat ja nur zu deutlich gezeigt, dass dies auch unter den Rahmenbedingungen Deutschland/soziale Marktwirtschaft geschieht.
Wir alle sehnen uns in solchen Momenten nach den großen Unternehmenspersönlichkeiten zurück, die neben dem Profit auch ihre Beschäftigten und die soziale Verantwortung für die Region/das Land im Blick haben. Einmal abgesehen davon, dass auch bei diesen Unternehmern nicht alles gut und schön war, sind die heutigen Unternehmen in der Regel börsennotiert, nur dem Aktienmarkt verpflichtet und werden häufig von Managern geleitet, die nicht das Unternehmen sondern den Aktienkurz im Blick haben. Da sind die Quartalszahlen wichtiger als langfristige Überlegungen.

Zu Ihren Fragen im Einzelnen:
1) Die Branche der Erneuerbaren Energien ist eigentlich das beste Beispiel für den von Ihnen unter zwei angesprochenen Mittelstand. Sowohl im Bereich Windräder als auch im Solarbereich sind es deutschen Firmen, die Weltmarktführer sind und so für neue Arbeitsplätze in Deutschland sorgen. Ihre Befürchtung, dass amerikanische oder chinesische Firmen nach Deutschland kommen, um hier Subventionen und know how abzuschöpfen, deckt sich nicht mit meinen Erfahrungen und Erkenntnissen. Eher umgekehrt: Solarworld z.B., um nur das große Bonner Unternehmen zu nennen, hat gerade erst mit der Übernahme mehrerer US-Firmen dafür gesorgt, dass es auch auf dem US-Markt zum Marktführer wird.

2) Die Subventionspolitik wird nicht nur von der Bundesregierung und den Ländern bestimmt, sondern besonders stark auch durch die EU. Insofern ist es nicht ganz einfach, hier für größere Umstrukturierungen zu sorgen. Wir haben in Deutschland aber mit der KfW eine sehr starke Mittelstandsbank, die sehr zielgerichtet und erfolgreich mit dem Mittelstand zusammenarbeitet.

3) Für die Einhaltung von internationalen Mindeststandards in den Bereichen Soziales und Umwelt setzt sich die SPD schon seit ihrer Gründung vor mehr als 140 Jahren ein. Einige Fortschritte sind innerhalb der WTO inzwischen auch erreicht worden, doch ist das sicher noch nicht ausreichend. Verhandlungen darüber sind aber immer schwierig, weil man sich schnell dem Vorwurf des Protektionismus ausgesetzt sieht, was aber natürlich kein Hinderungsgrund ist.
Ich denke, dass wir innerhalb der EU inzwischen einen sehr guten Standard erreicht haben, den es nach und nach zu exportieren gilt ohne dabei belehrend oder protektionistisch zu werden.

Insgesamt gilt: wir werden es in Deutschland und der EU niemals schaffen, so "billig" zu produzieren wie in Teil von China oder Indien, unser Ziel muss immer sein, besser zu produzieren. Nur so sind höhere Preise zu rechtfertigen.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber