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Frage von Claus B. •

Frage an Ulrich Kelber von Claus B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Kelber,

am 23. Januar will EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso mit einem Umsetzungspaket die Klimabeschlüsse vorlegen, wonach unter anderem die EU-Staaten Treibstoffen für den Verkehrssektor bis zum Jahr 2020 mindestens zehn Prozent Biosprit beimengen sollen.

Dies könnte zu einer Veknappung an Agrarrohstoffen führen, die schon heute durch die gestiegene Nachfrage aus den Boomländern wie Indien und China abzusehen ist (nachzulesen ein Beitrag des Investmentmanagers Jim Rogers auf http://www.fundresearch.de/).

Meine Frage an Sie lautet, wie dieser sich abzuzeichnenden Agrarspekulation (analog zur Rohölspekulation) entgegengewirkt werden soll und ob durch die Zumischung von Biosprit, der ja erst einmal hergestellt werden muss, wirklich Klimaschutz betrieben werden kann. Dazu meint der EU-Umweltkommissar Stavros Dimas dass der wachsende Anbau von Pflanzen für den Biosprit mit größeren ökologischen und sozialen Problemen verbunden sei als gedacht (BBC Online).

Mit freundlichen Grüßen,

Claus Blauer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Blauer,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Biosprit.

Es ist richtig, dass die Herstellung von Biosprit nicht nur positive Effekte hat. Wir haben tatsächlich kein Interesse daran, Agrarflächen übermäßig und vor allem zu Lasten einer auskömmlichen Produktion von Nahrungsmitteln oder zum Zwecke des Naturschutzes zu nutzen. Das gilt für Flächen in Deutschland und Europa ebenso wie in solchen der Schwellen- bzw. Entwicklungsländer.

Daher arbeiten wir daran, um den Ertrag aus Biomasse je Hektar zu optimieren. Das heißt nicht, dass nun möglichst Pflanzen angebaut werden sollten, die viel Biomasse erzeugen. es geht vielmehr darum, die Biomasse optimal zu nutzen - also den erzielbaren Energieertrag zu steigern. Auf diese weise lässt sich die benötigte Fläche möglichst klein halten.

Im Hinblick auf die mögliche Rodungen von Tropenwäldern oder ähnlichen Entwicklungen liegt derzeit der Entwurf einer Verordnung der Bundesregierung vor. Diese sogenannte Zertifizierungsverordnung zielt darauf ab, bei Biomasse Standards zu definieren, wenn diese Verwendung als Kraftstoff finden und ggf. gefördert werden. Damit wollen wir solche Verdrängungseffekte von wertvollen Naturflächen vermeiden. Dieses Vorhaben ist nicht ganz einfach umzusetzen, da eine Vielzahl an Maßgaben zu beachten sind. Ähnliche Pläne gibt es auch seitens der EU-Kommission. Uns liegt daran, hier ggf. auch erst einmal national Standards zu setzen, um in der Europäischen Union und anschließend auch in globaler Hinsicht Leitplanken für die Produktion von Bioenergie einzuziehen.

Das Problem der Verdrängung von Lebensmittelproduktion in Asien, Afrika oder Amerika werden wir durch unsere Politik allein jedoch kaum beeinflussen können. Vorstehend habe ich einige Hinweise dazu gegeben, was wir in dieser Hinsicht vorhaben, um unseren Spielraum zu nutzen. Wenn es aber bei hohen Preisen für fossile Energien wie Öl und Gas bleibt, wird die Produktion von Bioenergie überall in der Welt anziehen - und zwar auch und gerade für den lokalen Bedarf, Brasilien ist hier das beste Beispiel. Es liegt also keineswegs allein im Handlungsspielraum der Industrieländer, wenn hohe Preise für Energie die Attraktivität von alternativen Energieträgern steigert und sich dies zu Lasten anderer Nutzungsformen von Agrarflächen auswirkt. Diese Feststellung entbindet uns aber sicher nicht von unserem Teil der Verantwortung.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber