Portrait von Ulrich Kelber
Ulrich Kelber
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ulrich Kelber zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Cornelius S. •

Frage an Ulrich Kelber von Cornelius S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kelber,

es hat mich sehr gefreut, auch in den Reihen der Koalitionsparteien einige Gegenstimmen zur Vorratsdatenspeicherung zu finden; vielen Dank für Ihre Haltung! Offenbar verstehen viele Abgeordnete nicht, warum Datenschutz für den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat unerlässlich ist - dabei brauchen wir unsere Freiheit gerade, um sie gegen Bedrohungen aller Art verteidigen zu können!

Der Beschluss zur Vorratsdatenspeicherung steht in einer Linie mit zahlreichen Regelungen der letzten Jahre, von der Rasterfahndung bis zum elektronischen Reisepass. Besonders dramatisch wirkt diese Entwicklung, wenn man bedenkt, dass für nachträgliche Ausweitungen ursprünglich streng umgrenzter Überwachungsbestimmungen bereits Präzedenzfälle geschaffen wurden (z. B. bei der Freigabe von Mautdaten für Zwecke der Strafverfolgung). Halten Sie es für möglich oder wahrscheinlich, dass weitere Maßnahmen und Verschärfungen dieser Art in den nächsten Jahren zunehmen werden? Gibt es Ihrer Meinung nach effektive Möglichkeiten für Bürger, sich gegen diese Beschneidung ihrer Freiheitsrechte zu wehren?

Eine andere Frage betrifft die europäische Dimension. Da die EU seit langem die Vernetzung der Polizeibehörden und Intensivierung von Überwachungsmaßnahmen forciert (m. W. künftig auch für Fluggäste nach US-Vorbild), dürften der gerade umgesetzten vermutlich ähnliche Richtlinien folgen. Kann der Bundestag solche Vorgaben überhaupt ablehnen; wie groß ist da der Spielraum?

Mit Dank und freundlichen Grüßen

Cornelius Sturm

Portrait von Ulrich Kelber
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Sturm,

vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich teile Ihre Auffassung, dass der Datenschutz in den letzten Jahren zunehmend unter die Räder kommt. Das hat viel mit den Diskussion um Terrorbekämpfung nach dem 11. September 2001 zu tun, aber genauso viel mit dem sehr sorglosen Umgang vieler Menschen mit ihrem persönlichen Daten und der weit verbreiteten Auffassung, "ich habe ja nichts zu verbergen, also ist das auch alles nicht schlimm". Da sind Abgeordnete auch nur Spiegelbild unserer Gesellschaft.
Man muss kein Prophet sein, um sicher zu sein, dass es auch in Zukunft immer weitere Versuche geben wird, noch mehr Daten über möglichst alle Bürgerinnen und Bürger zu erfassen, noch mehr Überwachungsmaßnahmen zu ermöglichen. Effektiven Schutz gegen solche Begehrlichkeiten gibt es m.E. nur in der Kombination Aufklärung der Bevölkerung und bewahren der rechtlichen Datenschutzstandards - notfalls durch die Gerichte.

Einmal beschlossene Richtlinien kann der Bundestag nicht mehr ablehnen, weil es sich um verbindliche Zusagen der Bundesregierung gegenüber allen anderen EU-Staaten handelt. Deshalb wird zumeist versucht, die Bundesregierung im Vorfeld solcher Verhandlungen durch Anträge des Bundestages auf eine bestimmte Linie festzulegen.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber