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Frage von Reinhard B. •

Frage an Ulrich Kelber von Reinhard B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Kleber,

Bezugnehmend auf die Pressemeldungen bezüglich ihrer Äußerungen zur Kürzung und Umwidmung von landwirtschaftlichen Ausgleichszahlungen kann ich mich leider nicht mit den in den Medien veröffentlichten Kurzkommentaren anfreunden. Bitte erläutern Sie mir ihre Zustimmung für die Reform der Agrarförderung durch eine krisengeschüttelte und sicherlich auch inkompertente EU-Komission. Gleichzeitig möchte ich Sie darum bitten, sich doch mit den derzeitigen Teuerungen im Agrarsektor zu befassen. Begründerter Weise denke ich , das auch Landwirte die als einziger Berufszweig die volle EU-Verwaltung "geniessen", auch ein Anrecht auf Kalkulierbarkeit und und Unterstützung haben. Ein Verweis auf derzeitige börsennotierte Preise kann dabei nicht die Grundlage sein.

MfG Reinhard Baumgartner

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Baumgarnter,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Mit Recht fordern Sie und alle Landwirte in Europa, dass die Agrarpoltik und die Politik für die ländlichen Räume kalkulierbar sein muss. Planungssicherheit erreichen wir aber nicht, indem Probleme und absehbare Entwicklungen geleugnet werden, sondern indem wir rechtzeitig darauf reagieren. Dies haben wir mit unserer Pressemitteilung deutlich gemacht, s. http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,42290,00.html

Deutschland hat 2006 5,6 Mrd. Euro EU-Mittel für Direktzahlungen und Marktordnung erhalten, für die ländliche Entwicklung waren es nur 940 Mio.Euro. Während aber die Direktzahlungen bis 2013 im wesentlichen unangetastet bleiben sollen, wurde 2005 eine Kürzung der Mittel für die ländliche Entwicklung beschlossen, und dies obwohl sich alle Beteiligten darüber im klaren sind, dass gerade die Maßnahmen für den ländlichen Raum deutlich gestärkt werden müssen.

Ein landwirtschaftlicher Betrieb in Bayern hat 2005/2006 im Durchschnitt über 7000 € allein für Investitionsförderung, Ausgleichzulagen und Agrarumweltmaßnahmen erhalten. Diese Mittel sind ab 2007 gefährdet, weil für die „zweite Säule“ der Agrarpoltik weniger Mittel zur Verfügung stehen werden. Und dies, obwohl es nur mit Mitteln der ländliche Entwicklung gelingen kann, die gewaltigen Herausforderungen aufgrund der demografischen und strukturellen Entwicklungen im ländlichen Raum zu meistern, die Folgen des Klimawandels mindern und eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen. Bereits heute kann der wachsende Markt bei Bioprodukten nicht mehr aus deutscher Produktion bedient werden, weil die Beihilfen für Ökobetriebe eingestellt bzw. gekürzt wurden. Es fehlen Mittel, um die Umstruktukturierung in der Milchwirtschaft zu begleiten.Investitionen in neue Technologien, moderne Inrastruktur und Innovation auf dem Lande können magels Masse nicht finanziert werden.

Maßnahmen für die ländliche Entwicklung sind weitgehend anerkannt, während die Marktordnungsausgaben und Direktzahlungen mehr und mehr in Frage gestellt werden. Denn die Direkzahlungen stellen vor allem einen Ausgleich für die Absenkung der Interventionspreise in den vergangenen Jahre dar. Wir sind in der guten Position, dass die steigende Nachfrage nach Agrarrohstoffen für Lebensmittel und Bioenergie und die Agrarreformen der letzten Jahre dazu geführt haben, dass die Landwirtschaft ihr Einkommen mehr und mehr am Markt erwirtschaften kann. Alle Experten sagen uns, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird, auch wenn das gegenwärtige Preisniveau nicht in allen Fällen gehalten werden kann und den höheren Erlösen auch höhere Kosten gegenüber stehen. Dass die höheren Preise auch bei den Landwirten ankommen müssen und nicht im Handel und der Verarbeitung hängen bleiben dürfen, habe ich – übrigens als einziger Abgeordneter – in der Agrardebatte im September deutlich gemacht. Ich bin auch der Auffassung, dass ein Sicherheitsnetz bleiben muss, weil Klimawandel und zunehmende Deregulierung auf den Agrarmärkten zu höheren Preisausschlägen führen werden.

Nicht erst seit die Agrarpreise gestiegen sind, wissen wir, dass die Direktzahlungen in der bisherigen Höhe nicht zu halten sind, und dass wir rechtzeitig für eine tragfähige Konzeption und eine Strategie sorgen müssen, die auch nach 2013 die nachhaltige Entwicklung der ländlichen Räume sicher stellt. Die Agrarminister und die Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten – nicht die Kommission – entscheiden im kommenden Jahr über den „Gesundheitscheck“ der gemeinsamen Agrarpolitik. Sie entscheiden, ob der „Patient“ einfach weiter machen soll, oder ob er – um im Bilde zu bleiben – mit etwas mehr Sport und einer Umstellung der Therapie besser gerüstet in die nächsten Jahrzehnte gehen sollte.

Genau dies haben wir vorgeschlagen: Nicht die Kürzung der Agrarbudgets, sondern eine Umschichtung von wenigen Prozent und den Verbleib der Mittel in den gleichen Regionen, damit die ländliche Entwicklung stabil fortgeführt werden kann. Kalkulierbar bleibt die Politik für Landwirtschaft und ländliche Räume nur dann, wenn wir uns jetzt darum kümmern, wie es künftig weitergehen soll. Dies fordern wir im Interesse der Betroffenen ein.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Kelber