Frage an Ulrich Kelber von Rainer M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Kelber,
die heutige Heise News weist auf folgenden Punkt hin:
"Wachsende Bedenken gegen die Vorratsdatenspeicherung in der Koalition" (20.08.2007)
Meine Frage an Sie lautet, wie Sie als technisch Versierter zu dieser Sache stehen, da ich Sie in der News nicht aufgeführt sehe. Ich bin bis heute der Meinung, dass die Vorratsdatenspeicherung viel mehr Begehrlichkeiten weckt, als damit Straftäter abgeschreckt, bzw. Verbrechen aufgeklärt werden können.
Ich fühle mich wie ein Vorbestrafter auf Bewährung, der es "wagt" im Internet bzw. am Telefon seinem Privatleben nachzugehen, da jeder Schritt von mir protokolliert wird.
Erscheckenderweise ist dem Großteil der Bevölkerung gar nicht klar, wie hier die Privatsphäre untermindert werden soll, doch sollte dies keinem das Recht geben, gerade deshalb so ein Gesetz in Kraft treten zu lassen.
Der Kostenaspekt ist dann noch eine ganz andere Sache, ich glaube, dass eine drastische Erhöhung der monatlichen Telefon-/Internetkosten für jeden in Deutschland unumgänglich ist und damit vermutlich wieder Bevölkerungsgruppen von der Nutzung dieser Medien ausgeschlossen werden, die es nicht so "Dicke" haben...
Mit freundlichem Gruß,
Rainer Meller
Sehr geehrter Herr Meller,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung. Ich teile die grundsätzlichen Bedenken gegen das Gesetz und seine konkrete Ausgestaltung in dem vorliegenden Entwurf. Ich persönlich halte ihn an etlichen Stellen für falsch und stark nachbesserungsbedürftig, wie ich auch schon in meiner Antwort an Frau Schuler im April 2007 deutlich gesagt habe (das schreibe ich jetzt hier nicht noch einmal alles auf). Ich plädiere deshalb auch nachdrücklich dafür, mit der Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie zu warten, bis der Europäische Gerichtshof über die entsprechende Klage entschieden hat.
Ich teile vor allem Ihre Befürchtung, dass - sind die Daten erst einmal vorhanden und gespeichert - neue Begehrlichkeiten geweckt werden (die Mautdaten lassen grüßen). Das ist ja schon geschehen, denn die großen Medienkonzerne wollen erreichen, dass ihnen die Daten für die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zugänglich gemacht werden. Dies widerspricht eindeutig den Zusagen, dass diese Daten nur für die Verfolgung schwerster Straftaten genutzt werden sollen, hier müssen wir alle äußerst wachsam sein. Wie ich an dieser Stelle auch schon einmal gesagt habe: Ich denke, dies muss jeder von uns auch in Gesprächen mit Kollegen, Freunden, Verwandten immer wieder deutlich machen, denn auch darüber bin ich mir im Klaren: Datenschutz und Persönlichkeitsrechte werden von vielen Menschen in unserer Republik als nicht so wichtig angesehen, "sie haben ja nicht zu verbergen".
Was die finanziellen Auswirkungen eines solchen Gesetzes angeht, so teile ich Ihre Vermutung nur bedingt. Natürlich kämen auf die Unternehmen erhebliche Kosten zu, die auch durch die zugesagte Erhöhung der Kostenbeteiligung des Staates nicht abgedeckt werden, aber im Zeitalter von Flatrates und enormen Konkurrenzdruck in der Branche wird dies nicht zu unbezahlbaren Kosten für die Kunden führen.
Es gilt weiterhin das "Strucksche Gesetz": es ist noch kein Gesetzentwurf so aus dem Bundestag rausgegangen, wie er hinein gekommen ist - und bei diesem sind Änderungen dringend nötig.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Kelber