Frage an Ulrich Kelber von Helmut M. bezüglich Verbraucherschutz
Anfrage zur Stellungnahme der SPD zum Gentechnik- Eckpunkte-Papier der CDU/CSU
(Novellierung des Gentechnikrechts)
Sehr geehrter Herr Kelber,
habe eben Ihre Stellungnahme zur Vorlage der CDU/CSU zur Novellierung des Gentechnikrechts gelesen.
Im hinteren Teil des Papiers (das durchaus auch vernünftige Ansätze bringt) sehen Sie die Möglichkeit zur Profilierung einer Region mittels GVO-Anbau!
Dieser Gedanke scheint mir als Verbraucher absolut abwegig und legt den Verdacht nahe, daß das Gentechnikgesetz auch für die SPD faktisch als Gentechnik-Schutzgesetz für die Anwender der grünen Gentechnik fungieren soll.
Sie schreiben selbst von aufwendigen und kostenintensiven Schutzmaßnahmen zur Sicherstellung von GVO-freien Nahrungsmitteln und Saatgut. Dieser Wust an Regelungen läßt unzählige Fragen offen -
eine Koexistenz von GVO- und nicht GVO-Pflanzen ist m. E. nicht praktikabel.
Die Europäische Freisetzungsrichtlinie gibt den Staaten das Recht, für eine Vermeidung von Kontamination zu sorgen (d. h. 0,0%) – dies sollte auch in unserem Land das Ziel aller Regelungen sein.
Es ist nicht verantwortbar, unsere Umwelt diesen riskanten Experimenten zur Verfügung zu stellen und die Sicherheit unserer Lebensmittel dem kurzsichtigen Profit-denken von Konzernen zu opfern.
Zudem ist es doch absolut undemokratisch eine Technologie wie die grüne Gentechnik gegen den Willen der Mehrheit der Verbraucher und Landwirte durchzusetzen.
Ich sehe es als äußerst verantwortungsvolle Aufgabe der SPD an, den Schutz von Mensch, Umwelt und Natur (Vorsorgegrundsatz) konsequent umzusetzen und den Mut zu einem klaren und befreieneden „Nein“ zur grünen Gentechnik zu entwickeln!
Sie dagegen sprechen immer noch von „Hoffnungen“ in die grüne Gentechnik.
Herr Kelber, nennen Sie mir bitte nur 3 Argumente pro grüne Gentechnik, die Sie persönlich für so wesentlich halten, um sich für diese Technologie zu entscheiden.
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Morscheck
Sehr geehrter Herr Morscheck,
für ihre Fragen vom 20. März danke ich Ihnen.
Sie haben nach meiner persönlichen Meinung gefragt: Ich persönlich lehne den Einsatz der Grünen Gentechnik ab.
Dabei kann ich als Abgeordneter aber nicht stehen bleiben, sondern muss Lösungen anbieten, die im Parlament mehrheitsfähig sind und die geltende Gesetze achten.
Für die weitere Erforschung setze ich mich, da es viele Wissenschaftler und Unternehmen gibt, die im Einsatz der Grünen Gentechnik große Chancen z. B. für einen ressourcenschonenden Anbau von Pflanzen oder als Rohstoff für Energie und industrielle Zwecke sehen. Es wäre nicht zu verantworten, wenn unsere Entscheidungen mögliche Optionen in der Zukunft verhindern würden.
Ich kann auch nicht ignorieren, dass das europäische Recht uns keinen Spielraum lässt, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen vollständig zu verbieten. Die EU-Freisetzungsrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Sicherstellung der Koexistenz und Wahlfreiheit, d. h. auch zur Freiheit, gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen zu können, wenn eine Sorte zugelassen ist. Unsere Verfassung schützt auch das Eigentum und die Berufsfreiheit von Landwirten und Unternehmen, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen und erproben wollen. Eingriffe in deren Rechte müssen angemessen und verhältnismäßig sein. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wäre es nicht vereinbar, eine vollständige Vermeidung jeglicher Kontamination zu verlangen. Denn dies würde einem indirekten Verbot gleichkommen, obwohl die für den Anbau zugelassenen Pflanzen bereits als sicher für Umwelt und Gesundheit eingestuft wurden.
Es bleiben folgende Möglichkeiten: Auf nationaler Ebene müssen wir die vorhandenen Spielräume zum Schutz der Umwelt und der gentechnikfreie Land- und Ernährungswirtschaft maximal ausschöpfen, damit Koexistenz und Wahlfreiheit auch tatsächlich sichergestellt werden. Wir brauchen daher Verhaltensregeln, die eine Kontamination verhindern, und im Falle einer dennoch erfolgten Verunreinigung des Haftung des Verursachers festlegen. Auf europäischer Ebene wollen wir mehr Transparenz bei den Zulassungsverfahren und Kennzeichnungsregeln, und wir treten dafür ein, dass sich Regionen als verbindlich gentechnikfreie Regionen entwickeln können. Dies mag für viele, die die Gentechnik ablehnen, nicht ausreichend sein. Aber es ist viel mehr, als wir bisher haben.
Die Stellungnahme der SPD-Berichterstatter ist von Umwelt- und Verbraucherverbänden und von denjenigen in der Land- und Ernährungswirtschaft, die weiterhin im Interesse der Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger gentechnikfreie Produkte anbieten wollen, sehr gelobt worden. Von daher bin ich zuversichtlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Kelber