Frage an Ulrich Kelber von Cornelia B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Kelber,
FRIEDEN, nicht nur in Syrien, ist für mich als Wählerin derzeit ein zentrales Thema. Es ist mir unbegreiflich, dass "von deutschem Boden soll nie wieder Krieg ausgehen" nicht mehr gilt, quasi unmodern geworden ist.
Deutsche Soldaten stehen 150 km von St. Petersburg entfernt, über Ramstein wird der amerikanische Drohnenkrieg in Syrien realisiert, deutsche Truppen befinden sich in Mali und in Afghanistan. Die Nato, als Verteidigungsbündnis gegen den mittlerweile längst aufgelösten Warschauer Pakt gegründet, ist zu einem imperialen Angriffsbündnis mutiert, Kriege werden wegen Ressourcen geführt, das Völkerrecht gebrochen. Russland wird mit Sanktionen, Lügen, persönlichen Verunglimpfungen Putins provoziert. Deutschland "soll wieder Verantwortung übernehmen". Warum wird das auf militärische Stärke bezogen? Warum braucht es angeblich deutsche und europäische Aufrüstung, gar neue Atomwaffen? Die Probleme der Menschheit sind global und können nur gemeinsam gelöst werden, nicht gegeneinander.
Früher hieß es mal "Wandlung durch Annäherung"; gerade Ihre Partei hat dies mit Willy Brandt und seiner Ostpolitik im kalten Krieg praktiziert und damit den Grundstein zur Wiedervereinigung gelegt. Warum kann Deutschland nicht neutral sein wie Österreich oder die Schweiz? Wo und wann hat Krieg je etwas Positives bewirkt? M.E. ist Frieden die Grundvoraussetzung für jegliche Weiterentwicklung der Menschheit sowie für die Lösung der globalen Probleme.
Jetzt meine konkreten Fragen an Sie:
* Wie werden Sie, Herr Kelber, sich für den Frieden, nicht nur in Syrien einsetzen?
* Wie stehen Sie zu Ramstein?
* Wie stehen Sie zur deutschen und europäischen Aufrüstung?
mit freundlichen Grüßen
C. B.
Sehr geehrte Frau B.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Friedenspolitik.
Sozialdemokratische Außenpolitik ist dem Frieden verpflichtet. Wir setzen auf Dialog statt auf Konfrontation, auf fairen Interessenausgleich und Verhandlungslösungen. Wir wollen Konflikte an ihren Ursachen bekämpfen und an einer gerechten und stabilen internationalen Ordnung mitwirken. Unsere Politik gründet sich auf der Überzeugung, dass die großen globalen Zukunftsaufgaben – vom Kampf gegen Hunger und Armut über den Klimawandel bis hin zu bewaffneten Konflikten und weltweiten Migrationsbewegungen – nur partnerschaftlich zu bewältigen sind. Internationale Politik ist ganz im Sinne Willy Brandts „der illusionslose Versuch zur friedlichen Lösung von Problemen“. Beides prägt sozialdemokratische Außen-, Entwicklungs- und Friedenspolitik auch heute: die Zielvorstellung einer friedlichen, gerechten und regelbasierten internationalen Ordnung und die Bereitschaft, den praktisch möglichen Schritt zu gehen, selbst wenn er nur klein und mit Risiken behaftet ist. Diesem Politikansatz fühle ich mich verpflichtet und werde ihn deshalb auch in den kommenden Jahren weiter im Bundestag, in Gesprächen und auf Reisen unterstützen.
Ramstein ist zunächst einmal ein militärischer Stützpunkt, der auch für die gute Zusammenarbeit innerhalb der NATO steht. Dass die Amerikaner von Ramstein aus auch Drohnen einsetzen/steuern ist leider wahr. Den Einsatz von Drohnen zur sogenannten extralegalen Tötung lehne ich ab, er ist nicht zu rechtfertigen. Wir als SPD ächten ihn in aller gebotenen Deutlichkeit. Und an ihm beteiligt sich Deutschland auch nicht. Um die Bündnispartner in der NATO vom Unrecht des Drohneneinsatzes zu überzeugen, müssen aber innerhalb der NATO Mechanismen gefunden werden, da es hierbei auch um Bündnis- und Strategiefragen geht.
Ich lehne das sogenannte 2-Prozent-Ziel der NATO ab. Die Bundeswehr braucht sicher in vielen Bereichen neue Ausrüstung und die soll sie auch bekommen. Eine Festlegung, dass jedes NATO-Mitgliedsland jedes Jahr zwei Prozent des Staatshaushalts für die Verteidigung ausgeben müsse, ist aber völlig überdimensioniert, das wären 70 Milliarden Euro jährlich. Und da wir in Deutschland eben nicht nur die Ausgaben für Bundeswehr und NATO als Teil der Verteidigungspolitik sehen, sondern auch Entwicklungszusammenarbeit, Klimapolitik und den Ausbau ziviler Friedenskorps, muss innerhalb der NATO erst einmal geklärt werden, was genau unter diesem Ziel zu verstehen ist. Die Interpretation Herrn Trump zu überlassen ist jedenfalls grundfalsch.
Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber