Frage an Ulrich Kelber von Stefan T.
Sehr geehrter Herr Kelber,
bei Abstimmungen über Kennzeichnungspflichten frage ich mich immer wieder, welche Gründe eigentlich gegen die Kennzeichnung sprechen. Immerhin sollen wir als Verbraucher doch in der Lage sein, die Produkte zu beurteilen und unser Kaufverhalten danach auszurichten. Dass man nicht alles auf eine Produktpackung schreiben kann, ist mir klar, aber Gen-Technik ist nun doch ein recht stark von den Bügern verlangtes und kontroverses Thema.
Welche Gründe haben Sie für eine Ablehnung der Kennzeichnungspflicht?
MfG
Stefan Terborg
Sehr geehrter Herr Terborg,
vielen Dank für Ihre Frage zur Kennzeichnungspflicht bei Lebensmitteln.
Ich habe keine Gründe für eine Ablehnung der Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln insbesondere in Bezug auf Gentechnik, im Gegenteil, ich bin sehr dafür und setze mich schon lange nachdrücklich dafür ein. So haben wir als SPD-Bundestagsfraktion in der letzten Legislaturperiode unter meiner Federführung dazu einen umfassenden Forderungskatalog gestellt, (s. Bundestagsdrucksache 17/6479 ). Und im Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU haben wir durchgesetzt, dass wir uns gemeinsam in der EU dafür stark machen, dass zukünftig auch beim Fleisch sichtbar gemacht werden soll, wenn die Tiere mit gentechnisch verändertem Futter gefüttert worden sind.
Da dies bisher noch nicht möglich ist, haben wir mit dem "ohne Gentechnik"-Siegel eine Kennzeichnung, die besonders hohe Anforderungen an den Nachweis stellt, dass keine gentechnisch veränderten Bestandteile vorhanden sind. Verbraucherinnen und Verbraucher haben hier also eine klare Entscheidungshilfe.
Darüber hinaus versuchen wir gerade ein möglichst für ganz Deutschland geltendes Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen (gentechnikfreie Regionen) durchzusetzen, um so ungewollte "Verschmutzungen" weitgehend vermeiden zu können und die teuren Nachweismethoden zu verhindern.
Wenn Sie nach der Abstimmung zur Kennzeichnung von "Gen-Honig" fragen, so ging es da um eine eher technische Frage, nämlich die, ob Pollen eine Zutat des Honigs ist oder ein natürlicher Bestandteil. Im europäischen Trilogverfahren (das entspricht in etwa unserem Vermittlungsausschuss) hatten sich Europaparlament, Kommission und Rat darauf verständigt, den Pollen als natürlichen Bestandteil zu werten. Daraus folgerte automatisch, dass es keine Kennzeichnungspflicht gibt, weil natürliche Zutaten nicht kennzeichnungspflichtig sind. Es steht natürlich jeder Fraktion und jedem Abgeordneten frei, sich an getroffene Vereinbarungen auf EU-Ebene zu halten oder sie zu ignorieren. Wenn ich das Ergebnis eines Vermittlungsverfahren für falsch halte, tue ich das, was ich auch in anderen Politikfeldern tue: dicke Bretter bohren, argumentieren, überzeugen, bis entsprechende andere Mehrheiten stehen.
Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber