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Frage von Claus B. •

Frage an Ulrich Kelber von Claus B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Kelber,

was bedeutet das geplante Dienstleistungsabkommen TISA für den einzelnen Bürger und welche Einflussnahme hat der Deutsche Bundestag auf die Ergebnisse der Verhandlungen.

Warum erfolgen diese Verhandlungen (TTIP, TISA) hinter verschlossenen Türen fernab der Öffentlichkeit?
Wie ist die Interessengewichtung bei diesen Vorhaben (Konzerne - Banken - Bürger)?

In Erwartung Ihrer Antwort mit freundlichen Grüßen,

Claus Blauer

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Blauer,

vielen Dank für Ihre Frage zu den Verhandlungen um ein internationales Dienstleistungsabkommen (Trade in Service Agreement, kurz TISA).

Ziel des Abkommens ist es, den internationalen Handel, den Marktzugang von Dienstleistungen zu erleichtern, zumindest zwischen den Vertragsstaaten. Das sind zur Zeit die EU-Ländern und 21 weitere WTO-Staaten wie z.B. die USA, Kanada, Australien, Mexico und Chile. Darüber hinaus haben China und Uruguay ihr Interesse bekundet, beizutreten. Mit diesen Verhandlungen soll aber auch das ins Stocken geratene Welthandelsabkommen (GATS) wiederbelebt werden. Verhandelt wurden bisher vor allem zwei Komplexe, nämlich die einzuhaltenden Grundätze und die Frage, für welche Dienstleistungsbereiche das Abkommen gelten solle.

Bei den Grundsätzen hat man sich darauf verständigt, dass man die schon im GATS verhandelten Vereinbarungen übernimmt, das sind: die Verpflichtung, den Markt z.B. durch Quoten nicht zu beschränken und die Verpflichtung, inländische und ausländische Firmen gleich zu behandeln.

Was die Anwendungsbereiche angeht, so wurden für jedes teilnehmende Land individuelle Listen erstellt. Für die Mitgliedstaaten der EU gibt es eine gemeinsame Liste, wobei ist es für jeden EU-Staat möglich ist, individuelle Regelungen zu treffen. Es geht bei dem geplanten Abkommen nicht um die Privatisierung von Dienstleistungen und besonders sensible Bereiche, wie etwa die öffentliche Daseinsvorsorge, der Kulturbereich und audiovisuelle Dienste sind ganz ausgenommen. Über die Bedeutung des Abkommens für die Bürgerinnen und Bürger könnte ich derzeit nur spekulieren, weil es ja noch gar keinen Vertragstext und keine endgültigen Einigungen gibt. Grundsätzlich ist der Dienstleistungsbereich aber in Deutschland und Europa ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor, so dass bei guten Verhandlungsergebnissen auch von positiven Effekten auf dem Arbeitsmarkt und für die Wirtschaft ausgegangen werden kann.

Der Deutsche Bundestag wird in den zuständigen Fachausschüssen regelmäßig von der Bundesregierung über die Verhandlungen informiert, genau wie das Europäische Parlament von der Kommission. Die Kommission und das Wirtschaftsministerium informieren darüber hinaus auch regelmäßig in Veranstaltungen die Vertreter von Gewerkschaften, Wirtschaftsverbänden und Zivilgesellschaft. Die Zwischenergebnisse, soweit sie veröffentlicht werden können, finden Sie auf den Internetseiten des BMWI und der EU-Kommission. Dafür, dass es sich um noch laufende Verhandlungen über internationale Abkommen handelt, ist schon jetzt ein hohes Maß an Transparenz gegeben. Verhandlungen, egal welcher Art, finden in aller Regel hinter verschlossenen Türen statt, weil nur so ein gewisses Maß an Vertraulichkeit und damit Kompromissbereitschaft gewährleistet ist. Ich kenne jedenfalls keine Tarifverhandlung, keine Koalitionsverhandlung, keine Friedensverhandlung, die öffentlich auf dem Marktplatz oder im Fernsehen stattfindet. Und gerade weil es auch einige Verhandlungsstaaten gibt, die keine Veröffentlichung der bereits verhandelten Papiere wollen, kommen die EU-Kommission und das Wirtschaftsministerium dem Wunsch nach Transparenz und Information weitestgehend entgegen. Dies zeigen auch die ausführlichen Stellungnahmen von Verbänden, Gewerkschaften und Medien.

Die Interessensgewichtung von Konzernen, Banken, Bürgerinnen und Bürgern ist sicher in jedem Verhandlungsland unterschiedlich stark gewichtet, weil es in allen Ländern unterschiedliche politische Zusammensetzungen der Regierungen und damit der Verhandlungsdelegationen gibt.

Für mich, für die Sozialdemokraten in Bund und EU-Parlament kann ich an dieser Stelle nur noch einmal klar machen, was für uns nicht verhandelbar ist:
- kein Zwang zu Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge
- keine Reduzierung der EU-Standards im Bereich Datenschutz, Umweltschutz, Finanzmarktregulierung, etc.
- keine Absenkung des nationalen Sozial- und Arbeitsrechts, Tarifvereinbarungen sind einzuhalten.

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen damit weitgehend beantworten konnte.

Mit freundlichem Gruß

Ulrich Kelber