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Frage von Anja N. •

Frage an Ulrich Kelber von Anja N. bezüglich Umwelt

Lieber Herr Doktor Kelber,

ich habe eine Frage. Ich hab letztes Jahr zum ersten mal gewält. Sie haben sich an unserer Schule vorgestellt mit den andren Kandidaten. Da haben sie oft gesagt, das die FDP ihren SPD-Anträgen nicht zugestimmt haben, obwohl die FDP das auch eigentlich wollte (Homo-Ehe glaub ich). Jetzt hab ich gesehen, das sie zum beispiel gegen den Genhonig-antrag von den Grünen gestimmt haben. Aber eigentlich müssten sie doch dafür sein. Das gleiche war beim Gen-Mais antrag.
Außerdem bin ich heute sehr traurig, was die spd mit dem Indrustrie-strom beschlossen hat.
Ich wollte eigentlich mit beiden Stimmen die Grünen wählen. Aber dann haben sie mit Frau Dorner eine Kampagne gemacht. Also habe ich sie gewählt mit der ersten Stimme und die grünen mit der zweiten.

Jetzt bin ich sehr, sehr enttäuscht von ihnen und habe das Gefühl, dass ich mich verwählt habe. :(

Warum tun sie nichts dagegen?

Viele Grüße :/
Anja

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Antwort von
SPD

Liebe Anja Nasr,

vielen Dank für die Anfrage u.a. zu meinen Abstimmungen zum Gen-Mais und zur Kennzeichnung von Honig. Ich will Ihnen meine Abstimmungsvoten zu diesen beiden Fragen natürlich gerne erklären (bei allen wichtigen Abstimmungen tue ich das übrigens immer auf meiner Internetseite, wenn sie demnächst wieder zweifeln, s. http://www.ulrich-kelber.de/glaesernermdb/transparenz/index.html).

Genau wie ich persönlich spricht sich die SPD klar und geschlossen gegen eine Einführung genveränderten Mais bzw. überhaupt von gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland und Europa aus. Sowohl die SPD-Ministerinnen und -Minister in der Bundesregierung, als auch die SPD-Bundestagsfraktion und der SPD-Parteitag haben sich klar gegen die Grüne Gentechnik positioniert.

Mit unserer Ablehnung konnten wir uns im Bundeskabinett jedoch nicht vollständig durchsetzen, da die CDU – vor allem Forschungsministerin Johanna Wanka, Gesundheitsminister Hermann Gröhe und Bundeskanzlerin Angela Merkel – den Anbau befürworten. Wenn sich die Bundesregierung nicht, wie in diesem Fall, auf ein gemeinsames Votum verständigen kann, gilt die Geschäftsordnung der Bundesregierung und die besagt, dass sich die Bundesregierung dann bei der Abstimmung enthält. Das gilt übrigens so auch in allen Landesregierungen. Allerdings konnten wir damit das bisherige Pro-Gentechnik-Votum der früheren schwarzgelben Bundesregierung wenigstens zu einer Enthaltung drehen.

Bei der Abstimmung im Bundestag ging es nun darum, die Bundesregierung aufzufordern, bei der Abstimmung in Brüssel mit "Nein" zu stimmen, was aus oben genannten Gründen nicht möglich war. Ich bedaure dies genau wie meine Kolleginnen und Kollegen sehr, aber wir haben mit unserer Ablehnung des Grünen-Antrags ausdrücklich nicht für die Zulassung des Gen-Mais gestimmt, sondern zähneknirschend zur Kenntnis genommen, dass sich Merkel, Gröhe und Wanka nicht für die "Vorbehalte des größten Teils der Bevölkerung" interessieren und sich die Bundesrepublik Deutschland daher bei diesem wichtigen Thema enthält.

Sie kennen solche Situationen sicher auch aus der Familie, der Schule oder Vereinen, dass man sich an die verabredeten Spielregeln hält, auch wenn es schwerfällt und man trotzdem anderer Meinung bleibt. Da stecken meine Kollegen und ich in genau der Situation, die ich am Beispiel der FDP versucht habe klar zu machen, wo man manchmal gegen seine Überzeugung stimmen muss, wenn es nicht um eine Gewissensfrage geht. Bei der Veranstaltung in Ihrer Schule habe ich damals allerdings kritisiert, warum die FDP bei allen möglichen Themen bedauerte, dass mit CDU/CSU nicht mehr möglich sei, aber unbedingt mit diesem Partner weiterregieren wollte. Die SPD dagegen will 2013-2017 mit CDU/CSU verabredete Themen wie Mindestlohn, Mietpreisbremse, Frauenquote und Doppelte Staatsbürgerschaft durchsetzen und danach mit einer anderen Mehrheit weitere Themen angehen.

Bei dem Antrag der Grünen zum Honig, gegen den ich am 13. März gestimmt habe, ging es darum, dass bereits gefundene Ergebnis des europäischen Trialogverfahrens zwischen EU-Kommission, EU-Parlamanent und Europäischem Rat (ähnlich unserem Vermittlungsausschuss), dass Pollen keine Zutat des Honigs, sondern eben ein natürlicher Bestandteil ist, zu beanstanden bzw. zu ignorieren. Wenn Pollen aber ein natürlicher Bestandteil ist, fällt er nicht unter die Kennzeichnungspflicht. Da es sich bei der Feststellung "Pollen ist keine Zutat" wie gesagt um das Ergebnis eines Vermittlungsverfahrens handelt, kann die Bundesregierung dies nicht ernsthaft tun. Das wissen auch die Grünen, sagen einem das auch unter vier Augen, aber tun so, als sei in Brüssel noch etwas zu bewegen gewesen. Ich finde das unehrlich, aber das mag jeder selbst beurteilen.

In Sachen Industriestrom bin ich nicht ganz sicher, was gemeint ist. Genau wie die Grünen haben wir in der SPD in den letzten Jahren immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass inzwischen zu viele Industrieunternehmen von der EEG-Umlage befreit sind. Wir waren nicht grundsätzlich gegen die Befreiung, schließlich haben wir die unter Rot-Grün für bestimmte Industrien selbst eingeführt, aber wir waren gegen zu viele Befreiungen, wie sie unter der früheren Bundesregierung entstanden sind. Mit der jetzt vorgeschlagenen Regelung sollen sich wieder 500 Unternehmen mehr an der EEG-Umlage beteiligen, das ist immerhin ein erster großer Schritt. Oder war etwas anderes gemeint?

Ich kann leider auch für die nächsten drei Jahre nicht ausschließen, dass ich bei der einen oder anderen Abstimmung gegen meine eigene Überzeugung stimmen muss, aber das ist in einer Fraktion und in einer Koalition eben manchmal nötig. Das ist bei den Grünen übrigens nicht anderes, fragen Sie mal die Grünen-Abgeordneten in NRW oder Hessen. Kompromiss gehören in der Politik genauso dazu wie in Familien oder Vereinen, das kennen Sie sicher auch.

Gerne komme ich aber zu einer erneuten Diskussion in Ihre Schule. Gerne machen das meine Grüne Kollegin Katja Dörner und ich gemeinsam.

Mit freundlichem Gruß

Ulrich Kelber