Frage an Ulrich Kelber von Rüdiger F.
Sehr geehrter Herr Kelber!
Kurz und knapp gefragt und vorab entschuldige ich mich natürlich für die ggf. wiederholt an Sie herangetragene Frage. Meine Rechèrche ergab aber nicht die in meinem Interesse stehenden Hintergründe FÜR die drastische Diätenerhöhung, für die Sie – so weit ich wahrgenommen habe – gestimmt haben. Also: Wozu eine Diätenerhöhung von diesem enormen Maß? Und warum überhaupt? Reichen die zzt. etwas mehr als 8.500 € monatlich nicht? Ich hoffe hierbei nicht auf ausflüchtende Antworten, die dazu nötigen nur eine Verhältnismäßigkeit dieses Vorteils zu sehen, da Sie wie alle anderen Abgeordneten ja mit 2,5% weniger Rente und Abschlägen zu rechnen haben, wenn sie frühzeitig in den Rentenstatus eintreten wollen ... ebenso würde ich eine Beantwortung meiner Frage nicht als zufriedenstellend ansehen, wenn Sie nun auf eine strengere rechtliche Reglementierung bzgl. Bestechlichkeitsvorgängen verweisen ...
Wie ist hier direkte kausale Zusammenhang?
Herzlichen Dank für die Beantwortung meiner Fragen vorab.
Mit besten Grüßen
Rüdiger Flacke
Sehr geehrter Herr Flacke,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Erhöhung der Abgeordnetendiäten.
Ich gebe Ihnen hier an dieser Stelle die gleiche Antwort, wie den Leserinnen und Lesern meines Infobriefes und meiner Internetseite, wo ich mein Abstimmungsverhalten bei wichtigen Abstimmungen begründe, weil ich denke, dass ich da alles wichtige gesagt habe.
In Deutschland redet bekanntlich niemand gerne über sein Gehalt. Bundestagsabgeordnete müssen das aber tun. Weil die Verfassung von Ihnen verlangt, dass sie ihr Gehalt selbst festlegen, sie dürfen diese Entscheidung niemand anderem überlassen. Und ich will das tun, weil die Bürger einen Anspruch darauf haben, die Meinung ihres Abgeordneten auch zu diesem Thema zu erfahren.
Jede Debatte über die Entschädigung und die Pensionsregelungen von Abgeordneten sind für uns unangenehm. Für Nullrunden (z.B. 2004, 2005, 2006, 2007, 2010, 2011, 2013) oder Kürzungen (z.B. Pensionen) erhält man kein Lob, für jede Erhöhung hagelt es massive Kritik. Und wenn ein Vorschlag wie diesmal sogar eine zehnprozentige Erhöhung der Entschädigung in zwei Schritten innerhalb eines Jahres vorsieht, ist natürlich heftiger Widerspruch zu erwarten, schließlich gehören Bundestagsabgeordnete zu den Besserverdienern im Land.
Sie kennen mich: Als gläserner Abgeordneter habe ich immer offen über mein Einkommen und andere Dinge im Zusammenhang mit dem Mandat berichtet ( http://www.ulrich-kelber.de/glaesernermdb/index.html ). Und auch diesmal will ich Rede und Antwort stehen. Ich möchte Ihnen erläutern, warum ich das vorgeschlagene Gesamtpaket(!) zu Diäten und Pensionen von Abgeordneten unterstütze, offenlegen, ob und wie ich davon profitiere und aufzählen, was ich gerne noch an diesem System ändern würde:
Kommen wir zum strittigsten Punkt, der Höhe der monatlichen Entschädigung. Schon mehr-fach wurde vorgeschlagen, die Höhe der Diäten am Gehalt etwa von Bundesrichtern, Unterabteilungsleitern in Ministerien oder Oberbürgermeistern mittelgroßer Städte zu orientieren. Verglichen mit Arbeitsaufwand, öffentlicher Beobachtung und Verantwortung ist dies sicherlich zu rechtfertigen. Durch die oben beschriebenen Nullrunden entstand dann aber immer wieder neu ein Abstand zu deren Gehältern. Die zehnprozentige Erhöhung in 2014 und 2015 würde die Diäten nun wieder an das Gehalt dieser Berufsgruppen annähern. Damit entstände dann auch die Möglichkeit, verfassungskonform auf ein wesentlich objektiveres Verfahren zur Anpassung der Diäten umzusteigen.
Das halte ich nämlich für den spannendsten Teil des Pakets: Ab 2016 sollen die Diäten jährlich immer genau so stark steigen oder sinken wie der Durchschnitt der Bruttolöhne der Deutschen. Das würde dann jeder neugewählte Bundestag nur einmal beschließen müssen. Damit wäre der jährliche Streit über die Angemessenheit der Entwicklung der Diäten vorbei.
Die Pensionsansprüche der Abgeordneten stiegen automatisch mit der Erhöhung der Diäten, das ist wie bei anderen Pensionen und (indirekt) bei den Renten. Um das wenigstens ein Stück auszugleichen, sinkt der Höchstbetrag, den ein Abgeordneter bei der Pension erreichen kann, von 67,5% (nach 27 Jahren im Parlament) auf 65%. Wichtiger aber noch: Während heute Abgeordnete, wenn sie länger als acht Jahre im Parlament waren, vor dem 67. Geburtstag abschlagfrei in Pension gehen können, wird das in Zukunft nicht mehr möglich sein. Diese Regelung gilt für alle nach 2009 gewählten Abgeordneten, die anderen dürfen bereits erworbene Ansprüche behalten, bilden aber keine neuen mehr. Diese „Besitzstandswahrung“ ist durch die Rechtsprechung vorgeschrieben. Zu dieser zweiten Gruppe gehöre übrigens auch ich, da ich bereits seit dem Jahr 2000 Abgeordneter bin. Für neue Abgeordnete kann die verschärfte Regelung gegenüber der heute geltenden Regelung bei den Pensionen eine Kürzung von insgesamt bis zu 700.000 Euro ausmachen, da man die Pension erst bis zu zehn Jahre später erhalten kann als bisher möglich.
Ich wünsche mir zusätzlich zum vorgeschlagenen Paket, dass die Regelungen bei Nebenjobs von Abgeordneten noch einmal deutlich strenger werden. Mein Zeitbudget als Abgeordneter erlaubt mir keine Nebenjobs, ich brauche 100% der Arbeitszeit für mein Mandat. Bei Freiberuflern mag es notwendig sein, dass diese den Job im verminderten Umfang aufrechterhalten, um nicht dauerhaft abhängig von einem Bundestagsmandat zu werde. Dann erwarte ich aber, dass alle Einnahmen neben den Diäten auf Euro und Cent genau offengelegt werden. Sinnvoll wäre auch eine Kürzung der Diäten um z.B. 30% der Nebeneinkünfte, wie dies übrigens auch mit den Gehältern eines Ministers oder Staatssekretärs geschieht.
Einen kausalen Zusammenhang mit der endlich gesetzlich neu geregelten Frage der Abgeordnetenbestechung gibt es nicht. Ich bin aber froh, dass wir CDU und CSU endlich davon überzeugen konnten, dass wir hier schon seit Jahren dringenden Handlungsbedarf hatten und wir damit nun die UN-Konvention gegen Korruption ratifizieren können.
Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber