Frage an Ulrich Kelber von Thorben E. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Kelber,
ich habe drei Fragen an Sie:
1) Ich bin sehr angenehm überrascht, dass die SPD im Wahlkampf vorgibt, das S in ihrem Namen wiederentdeckt zu haben. Gleichwohl schließt sie nur die Linkspartei als Koalitionspartner aus (im Gegensatz zur Union!). Das lässt mich stark zweifeln, ob Themen wie der Mindestlohn tatsächlich Ziele sind oder bloße Wahlkampfrhetorik. Wie stehen Sie zu einer Koalition mit Beteiligung der Linkspartei, mit der es aus meiner Sicht die größte Überschneidung in den Wahlkampfzielen gibt?
2) Wie sehr könnte ich mich darauf verlassen, dass Sie etwas gegen das Unwesen der Dauer-Zeitarbeit und endlosen Befristungen tun? Die Kanzlerin behauptete ja unlängst im TV, einen Missbrauch der Zeitarbeit gäbe es nicht. Komischerweise bin ich als 32jähriger Promovierter und Approbierter noch nie in den Genuss eines unbefristeten Arbeitsvertrags gekommen und meine Frau ist in einem Dauer-Leiharbeitsvertrag bei einem internationalen Finanzkonzern gefangen. Laut Merkel denken wir uns das wohl nur aus, aber glauben Sie mir, dass es da ein Problem gibt?
3) Wie stehen Sie zu den Einschränkungen des Abhörschutzes von Ärzte und Psychotherapeuten, die im Rahmen der Anti-Terror-Kampagnen erfolgten?
Sehr geehrter Herr Ehlert,
vielen Dank für Ihre drei Fragen, die beantworte ich wie folgt:
1) eine Koalition mit der Linkspartei schließe ich genau wie Peer Steinbrück aus, das habe ich an dieser Stelle auch schon gesagt. Eine Bundesregierung hat eben nicht nur innen- und arbeitsmarktpolitische Aufgaben, sondern auch - und dies eben nur auf der Bundesebene - europa-, außen- und sicherheitspolitische Fragen und Aufgaben, bei denen sich die Linkspartei teilweise bis ganz anders entscheidet, als ich und wir dies für verantwortbar halten.
Wir schließen übrigens auch eine Koalition mit der AfD aus, aber das nur am Rande.
2) Sie können sich hundertprozentig darauf verlassen, dass wir alles tun werden, um die Auswüchse bei Zeit- und Leiharbeit zu beheben. Kettenzeitverträge und mehr Leiharbeiter als festangestellte soll es künftig in keinem Unternehmen mehr geben. Hier haben die eingeräumten Flexibilisierungen zu inakzeptablen Arbeitsverhältnissen in manchen Unternehmen geführt. Wir sollten aber bitte auch nicht vergessen, warum diese Flexibilisierungen mal eingeführt worden sind, nämlich um die vielen Langzeitarbeitslosen, die wir lange hatten, wieder an den normalen Arbeitsmarkt heranzuführen.
3) zur Abstimmung über das BKA-Gesetz, in dem dies geregelt wurde, habe ich seinerzeit geschrieben: " Bürgerrechte und der Schutz der Privatsphäre sind für mich sehr hohe Güter, deren Erhalt ich für überaus wichtig halte. Das heute zur Abstimmung stehende BKA-Gesetz greift sehr stark - für mein Empfinden zu stark - in diesen geschützten menschlichen Bereich ein. Da sich meine Fraktion aber mit großer Mehrheit für dieses Gesetz ausgesprochen hat, werde ich dem Gesetz zustimmen. Dabei anerkenne ich auch, dass die Vertreter der SPD-Bundestagsfraktion in den Verhandlungen noch eine Reihe von Verbesserungen erzielt haben. Anders als bei dem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, bei dem ich gegen das Mehrheitsvotum meiner Fraktion mit "Nein" gestimmt hatte, halte ich das Pro oder Contra zum BKA-Gesetz nicht für eine Gewissensfrage. Auch halte ich das Gesetz nicht für grundgesetzwidrig, wie die meisten Experten bei der Anhörung zum BKA-Gesetz bestätigt haben. Deshalb halte ich mich an die Regeln meiner Fraktion und stimme mit "Bauchschmerzen" für den Gesetzentwurf."
Das sehe ich immer noch so.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen damit beantworten konnte.
Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber