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Frage von Marc M. •

Frage an Ulrich Kelber von Marc M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Kelber,

ich würde gerne wissen, wie Sie sich zum Thema "bedingungsloses Grundeinkommen" positionieren. Dieses Konzept ist ja im Augenblick sehr populät, vor allem die Piraten setzen sich hierzulande dafür ein, die geneigte Wählerin davon zu überzeugen, dass es sich nicht um ein Arbeitslosengeld o.ä. handelt. Die Schweizer Bürger haben es anscheinend schon verstanden und eine (bis jetzt) erfolgreiche Initiative für ein allgemeines Grundeinkommen ins Leben gerufen, das Ergebnis eines Volksentscheids ist abzuwarten.
Wie stehen Sie zu dieser, wie ich finde ausgezeichneten, Idee und werden Sie und Ihre Partei sich im Bundestag dieses Themas annehmen und die Ausarbeitung eines entsprechenden Konzepts in Angriff nehmen? Dass man so eine grunsätzliche Änderung einer sozialen Struktur nicht von heute auf morgen bewerkstelligen kann, ist mir bewusst, ebenso müssen es nicht gleich 2000€ sein, wie die Initiative der Schweiz das vorsieht. Allerdings ist es auch möglich,
Ich jedenfalls bin davon überzeugt, dass der Mehrwert für jeden Bundesbürger und demnach für die Bundesrepublik aus diesem Konzept, jede Mühe wert ist.

Vielen Dank und einen schönen Gruß aus Bonn,

Marc M.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Moritz,

vielen Dank für Ihre Frage zum bedingungslosen Grundeinkommen (BGE). Dass ich gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen bin, habe ich hier auf abgeordnetenwatch.de schon 2009 und 2011 erläutert und ich habe seit dem immer noch kein Modell zum BGE gefunden, dass mich überzeugt hätte. So sehr ich die Motivation eines Grundeinkommens zur Schaffung einer armutsfesten Mindestsicherung und gegen den Zwang, prekäre Beschäftigung ausüben zu müssen, verstehe, so halte ich das BGE dafür dennoch für ungeeignet.

Mein zentraler Einwand besteht darin, dass so Verteilungspolitik auf staatliche Umverteilung konzentriert wird; damit besteht zumindest die Gefahr, dass die Primäreinkommensverteilung zwischen Arbeit und Kapital vernachlässigt wird. Eine fortschrittliche Position muss stattdessen darin bestehen, durch die sozial- und arbeitsrechtliche Regulierung prekärer Beschäftigung und durch ein besseres Ausschöpfen der Verteilungsspielräume dafür zu sorgen, dass gesellschaftliche Teilhabe für alle durch Erwerbsarbeit möglich ist. Erwerbsarbeit ist nicht nur Einkommensquelle, sondern dient für die Menschen auch der Sinnstiftung: Sie sind dadurch Teil der Gesellschaft, haben soziale Kontakte und erfahren, dass sie im Rahmen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung eine Tätigkeit ausüben, die nachgefragt wird. Ein ganz anders Gesellschaftsbild steht stattdessen hinter dem Grundeinkommen: Es wirkt wie eine „Exklusionsprämie“: Diejenigen, die sozial ausgegrenzt sind, sollen nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden, sondern in ihrer prekären Lage verharren. Nicht ohne Grund gibt es daher viele neo-liberale Befürworterinnen und Befürworter eines Grundeinkommens: Diesen geht es nicht um ein Grundeinkommen in ausreichender Höhe, sondern stattdessen möchten diese alle Transferleistungen zusammen fassen, so dass es für viele Menschen sogar zu einem abgesenkten Leistungsniveau käme. Wer jetzt also ein Grundeinkommen propagiert, läuft Gefahr, damit Wasser auf die Mühlen derjenigen zu geben, die kein Interesse an einem hohen Sicherungsniveau und Einzelfallgerechtigkeit haben. Kurz: nein, weder ich noch die SPD werden die Ausarbeitung eines entsprechenden Konzepts in Angriff nehmen, weil wir es für falsch halten.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber