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Frage von Claus B. •

Frage an Ulrich Kelber von Claus B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Kelber,

gestern abend (19.08.2013) zeigte das ARD eine Reportage mit dem Titel "Die Story im Ersten: Steuerfrei - Wie Konzerne Europas Kassen plündern). Dort wurde unter anderem gezeigt, wie die internationalen Konzerne mit Hilfe von Beraterfirmen ihre Gewinne in Deutschland minimieren um auf diese Weise erhebliche Steuern zu sparen.

Mein Fragen an Sie lauten:
Warum zeigt sich die Politik derart hilflos, diese Steuerungerechtigkeit zu unterbinden? Ein Kommentar hierzu war, Steuergesetzgebung sei Ländersache und in den Europäischen Verträgen geregelt.
Bei den einzelnen EU-Rettungsschirmen wird ja auch nicht lange gezögert, Steuergelder einzusetzen, was doch auch gegen Europäische Artukel verstößt.

Warum wurde unter den Finanzministern Eichel und Steinbrück (beide SPD) die Unternehmenssteuer in Deutschland von über 51% auf unter 30% gesenkt?

Vielen Dank für Ihre Antworten,

Claus Blauer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Blauer,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu Unternehmenssteuer.

Die Zielsetzung der SPD bei der Senkung der Unternehmensteuer sowohl unter Rot-Grün als auch in der großen Koalition war: wir senken den Steuersatz, dafür schaffen wir die Möglichkeiten ab, sich Arm zu rechnen oder die Gewinne in welcher Form auch immer ins Ausland zu verschieben.
Unsere Überlegung, vielleicht auch Hoffnung war, wenn die Unternehmensteuer geringer ist, es dafür aber keine Schlupflöcher mehr gibt, dann hat der Staat am Ende mehr Steuereinnahmen. Bei den kleineren Unternehmen hat das funktioniert, wir haben heute die historisch höchsten Einnahmen aus Unternehmenssteuern. Bei den größeren Unternehmen ist es grandios gescheitert, nicht nur bei uns in Deutschland, sondern in Europa und der ganzen Welt, wie die Beispiele, die in den letzten Wochen bekannt wurden, zeigen.

Solange sich die Staatengemeinschaft nicht auf ein paar grundsätzliche Regelungen bei der Unternehmensbesteuerung einigt, so lange werden die großen Konzerne aber auch mittelständische Unternehmen die Lücken nutzen, die ihnen einzelne Länder oder Inseln eröffnen, sich vor der Besteuerung zu drücken. Und solange große Unternehmensberatungsfirmen dieser Welt immer mal wieder Mitglieder in die Regierungen schicken oder Gesetzestexte mitentwerfen dürfen, werden sie die Schleichwege an den Gesetzen vorbei besser kennen als jeder Steuerprüfer.
Wir brauchen also vor allem internationale Lösungen über die UNO, die G 20 und die EU. Innerhalb der EU muss der diplomatische Druck auf besonders willfährige Steuerschlupflochländer wie die Niederlande, Irland Luxemburg und Zypern erhöht werden. Das hat die SPD mehrfach im Bundestag gefordert, es wird leider von Schwarzgelb abgelehnt.

Aber es geht nicht nur darum, auf die internationalen Beschlüsse zu warten. Wir müssen auch konkret in Deutschland ein paar Dinge ändern. So geht es z.B. nicht an, das einzelne Bundesländer damit werben, dass Unternehmen nur selten steuerlich überprüft werden, um so Vorteile bei der Unternehmensansiedlung zu genießen. NRW hat doppelt so viele Wirtschaftsprüfer pro 1000 Unternehmen wie Bayern!

Kurz: wir müssen uns im eigenen Land ehrlicher machen, um so auch auf europäischem und internationalem Parkett bei einer vernünftigen Unternehmensbesteuerung voranzukommen.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber