Frage an Ulrich Kelber von Armin L. bezüglich Innere Sicherheit
1. Werden Sie im Falle Ihrer Wahl gegen neue Militäreinsätze der Bundeswehr stimmen und sich dafür einsetzen, dass die Bundeswehr aus allen Kampfeinsätzen zurückgeholt wird?
2. Werden Sie darauf dringen, dass die Bundesregierung, die Europäische Union und die Vereinten Nationen Maßnahmen der zivilen Krisenprävention und zivilen Konfliktbearbeitung ergreifen, um Krisen und Konflikte friedlich beizulegen bzw. sie gar nicht erst eskalieren zu lassen?
3. Was werden Sie im Falle Ihrer Wahl unternehmen, um die Weiterentwicklung, die finanzielle Förderung und die Bereitstellung von Ausbildungskapazitäten für Personal solcher ziviler Beobachtermissionen voran zu treiben?
4. Was werden Sie im Falle Ihrer Wahl unternehmen, damit bestehende militärische Missionen in zivile umgewandelt werden können?
5. Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl dafür ein, Strukturen der Zivilen Konfliktbearbeitung in der Arbeit von Parlament und Ministerien zu stärken und finanziell so auszustatten, dass genügend Kapazitäten für zivile Konfliktbearbeitung geschaffen werden können?
6. Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl dafür ein, dass der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern grundsätzlich verboten wird, und dieses Verbot in Artikel 26 (2) des Grundgesetzes und/oder in einem Rüstungsexportgesetz festgeschrieben wird?
7. Was werden Sie im Falle Ihrer Wahl unternehmen, damit alle Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden?
8. Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl dafür einsetzen, dass die Bundesrepublik aus der nuklearen Teilhabe der NATO aussteigt?
9. Was werden Sie im Falle Ihrer Wahl unternehmen, damit die Entwicklung und Anschaffung bewaffneter Drohnen sofort gestoppt und diese Waffengattung geächtet wird?
10. Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl dafür ein, dass Bundeswehroffiziere keinen Unterricht mehr an Schulen geben dürfen?
11. Was werden Sie im Falle Ihrer Wahl unternehmen, damit „Friedensbildung“ in der schulischen Ausbildung etabliert werden kann?
Sehr geehrter Herr Lauven,
vielen Dank für Ihre Emailanfrage im Namen von Pax Christi Bonn zur Friedens- und Sicherheitspolitik. Die Fragen beantworte ich gerne und wie folgt:
zu 1:
Deutschland und Europa tragen eine gewachsene Verantwortung für Frieden in der Welt. Aus meiner Sicht haben zivile Krisenprävention und Konfliktregelung dabei immer eindeutig Vorrang. Militärische Mittel kommen, wenn überhaupt, nur als letzte Möglichkeit in Betracht und dann nur mit einem klaren Mandat der Vereinten Nationen und einem Beschluss des Deutschen Bundestages. Da auch Blauhelmeinsätze Militäreinsätze sein können, kann ich nicht pauschal nein zu Militäreinsätzen sagen, sondern muss jeden Fall einzeln betrachten. Der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr ist schon heute kein Kampfeinsatz mehr sondern ein Ausbildungseinsatz und soll im nächsten Jahr enden.
Zu 2:
Ja, die SPD wird sich im Sinne sozialdemokratischer Friedenspolitik für eine Stärkung der Krisen- und Konfliktprävention und des Schutzes der Menschenrechte einsetzen. Unser Ziel ist die Fortentwicklung der Europäischen Union zu einer handlungsfähigen Friedensmacht und die Stärkung des Systems der Vereinten Nationen.
Zu 3:
Zivile Instrumente der Krisen- und Konfliktbewältigung müssen wir auch in Zukunft weiterentwickeln und ausbauen. Die SPD hat bereits in der Vergangenheit wichtige Instrumente des „zivilen Peacekeeping“ auf den Weg gebracht, wie zum Beispiel das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF). Diesen Weg gilt es wieder aufzunehmen und fortzusetzen.
Zu 4:
Zivile Leistungen müssen immer Vorrang vor militärischen Missionen haben. Wo immer die Sicherheitslage es erlaubt, sollten auch militärische Einsätze wieder zurückgefahren und durch zivile abgelöst werden.
Zu 5:
Ja, die SPD tritt nachdrücklich dafür ein, dass zivile Krisenprävention und Konfliktbewältigung wieder Vorrang in der deutschen und europäischen Außenpolitik haben. Dazu gehört auch eine übergreifende, abgestimmte und umfassende Strategie, um Strukturen und Entscheidungsprozesse effektiver zu gestalten. Wir wollen das unter sozialdemokratischer Führung entwickelte Konzept „Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung” weiterentwickeln.
Zu 6:
Rüstungsexporte müssen an befreundete Staaten möglich sein, aber die Regeln dafür müssen transparent sein. Die SPD fordert eine verbindliche gesetzliche Regelung für eine restriktive Rüstungsexportpolitik Deutschlands. Die bislang geltenden „Politischen Grundsätze“ sollen gesetzlich verankert und somit deutlich aufgewertet werden. Rüstungsexporte in sogenannte Drittländer müssen restriktiv gehandhabt und dürfen nur in Ausnahmefällen zugelassen werden. Die rüstungsexportpolitischen Grundsätze Deutschlands dürfen auch nicht durch die „Hintertür“ einer europäischen oder NATO-weiten Harmonisierung verwässert werden.
Zu 7:
Gemeinsam mit meiner Partei setze ich mich für den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland und Europa ein. Unser Ziel ist und bleibt eine Welt ohne Atom- und Massenvernichtungswaffen. Nach den jüngsten Äußerungen von US-Präsident Barack Obama in Berlin gibt es eine echte Chance für den Abzug aller taktischen Atomwaffen aus Europa. Das ist auch unser Ziel, für das wir uns auch weiterhin mit Nachdruck einsetzen - bei bilateralen Gesprächen mit den USA aber auch in der Nato.
Zu 8:
Ja, das ergibt sich für mich aus dem oben gesagten.
Zu 9:
Die SPD lehnt die Anschaffung bewaffneter Kampfdrohnen ab. Wir setzen uns für die völkerrechtliche Ächtung derartiger Waffensysteme ein und werden dies auch nach der Wahl tun.
Zu 10:
Die SPD tritt dafür ein, dass diese Frage in einem breiten gesellschaftlichen Diskurs beantwortet wird. Dabei ist wichtig, dass dies nicht im Konflikt mit dem Beutelsbacher Konsens stehen darf. Der Kooperationsvertrag zwischen dem Bildungsministerium NRW und der Bundeswehr stellt seit 2012 darüber hinaus sicher, dass Kirchen, NGOs oder Friedensinitiativen verbindlich zugeladen werden, wenn Diskussionsveranstaltungen mit der Bundeswehr stattfinden.
Zu 11:
Friedensbildung im Sinne von Erziehung zur internationalen Verständigung, zur gewaltfreien Konfliktaustragung, zur ethisch-moralischen Verantwortung und politischen Partizipation ist aus Sicht der SPD von großer Bedeutung, um Verantwortungsbewusstsein, Toleranz und Achtung vor der eigenen und fremden Kultur zu schaffen. Wir begrüßen daher, dass etliche Bundesländer bereits Schulgesetze haben, die eine Friedenserziehung als besondere Bildungsaufgabe der Schule vorsehen, Erziehung zur Friedensgesinnung ist in NRW ein verfassungsmäßiges Ziel der Erziehung für die Bildungseinrichtungen.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen damit weitgehend beantworten konnte.
Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber