Frage an Ulrich Kelber von Stefan S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Kelber,
Zu dem Abstimmungsverhalten der SPD im Deutschen Bundestag zu den "Rettungspaketen" rund um den Euro meine Frage:
Hält es Ihre Fraktion ähnlich wie die Kanzlerin für alternativlos und demokratisch marktkonform einmal geschlossene europäische Verträge weiterhin zu brechen, die Bürger in Deutschland und Europa auf Generationen hinaus immer höher zu verschulden und mit irrwitzigen Wachstumsphantasien auf die Zukunft "ruhigzustellen"? Spüren Sie in Berliner Palästen noch manchmal die reale Angst Ihrer (Ex)-Wähler? Wenn ja, dann erlaube ich mir einen Gedanken zu dem Verhalten der SPD im Deutschen Bundestag:
1. Alternativen gibt es immer
2. kein Mensch will marktkonforme Demokratie - die Zeiten des Feudalismus schienen vor dem Euro überwunden
3. Man kann NEIN stimmen im Deutschen Bundestag, das geht wirklich Herr Kelber
Das waren jetzt schon 3 Gedanken, aber mit Verlaub - WANN wird Hochdeutsch gesprochen am Pult im Deutschen Bundestag? Alle Menschen die ich kenne, ob arm oder richtig reich, haben die Märchen und Teflonreden satt.
Mit freundlichen Grüssen,
Stefan Schiermeyer, Bonn
Sehr geehrter Herr Schiermeyer,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Griechenlandhilfspaket, dass am 30.11.2012 im Bundestag abgestimmt wird.
Ich verstehe sehr gut, dass viele Menschen in Deutschland verunsichert sind , angesichts der Ausmaße, die diese Finanzkrise angenommen hat und der Tatsache, dass die Bundeskanzlerin immer Dinge für "alternativlos" erklärt, um dann zwei Wochen später das Gegenteil zu tun oder zu erklären. Angefangen hat das alles mit Merkels "Kein Cent für Griechenland", wo die SPD sich öffentlich dafür kritisieren lassen musste, dass wir das damals schon als Unwahrheit bezeichnet hatten.
Die Tatsache, dass die SPD bisher allen Rettungspaketen und -schirmen zugestimmt hat, bedeutet aber keinesfalls, dass wir die Politik der Kanzlerin für gut und richtig empfinden, im Gegenteil. Wir finden es grundfalsch, dass die Kanzlerin nach wie vor versucht, den Menschen in Deutschland vorzumachen, dass uns die ganze Euro-Rettung nichts kostet und nur alles auf ihr Kommando hören muss und alles wird gut.
Frau Merkel manövriert in dieser Finanzkrise ohne Konzept und ohne Plan und reagiert stets nur auf das jeweils aktuellste Problem. Das wird uns auf Dauer mehr Geld kosten als nötig. Frau Merkel hat mit ihrer reinen Sparpolitik die Krise erst eskalieren lassen, was die Menschen in den Krisenländern, aber jetzt eben auch uns teuer zu stehen kommt.
Trotzdem können wir nicht Griechenland, Spanien oder andere EU-Länder für den mangelnden Gestaltungswillen von Frau Merkel büßen lassen und darum stimmen wir Sozialdemokraten mal mehr mal weniger grummelnd für die stets zu kleinen Schritte der Bundesregierung, um die Auszahlung von Renten und ein funktionierendes Gesundheitssystem in ganz Europa zu gewährleisten. Wir zeigen aber auch jedes Mal auf, was zusätzlich geschehen müsste. Bei der Abstimmung über den Fiskalpakt konnten wir erreichen, dass Merkel & Co. dafür die Finanztransaktionssteuer einführen müssen.
Die Erfinderin der "marktkonformen Demokratie" ist Frau Merkel. Wir Sozialdemokraten wollen demokratiekonforme Finanzmärkte, gerade auch als Alternative zu Frau Merkel.
Mit freundlichen Grüßen,
Ulrich Kelber
PS: Sie können auf meiner Internetseite unter "gläserner Abgeordneter - Abstimmungen" jederzeit nachlesen, wie oft ich im Bundestag auch schon mit "Nein" gestimmt habe und warum :-)