Frage an Ulrich Kelber von Peter K. bezüglich Tourismus
Lieber Herr Kelber,
erneut ist in den Nachrichten von einem Ankauf von "Steuer-CDs" mit entwendeten Daten aus der Schweiz die Rede, diesmal für 9 Millionen Euro. Dazu habe ich folgende Fragen:
1) Teilen Sie meine Ansicht, dass die Personen, von denen der deutsche Staat die Steuer-CDs erwirbt, kriminell sind?
2) Wissen Sie, was mit den inzwischen über 10 Millionen Euro, die für Steuer-CDs bezahlt werden, geschieht? Wer bekommt sie, was wird damit gemacht? Besteht die Gefahr, dass damit organisierte Kriminalität finanziert wird?
3) Halten Sie die Daten für objektiv, oder halten Sie es für möglich, dass die Beschaffer die Daten manipulieren, um ihre Auftraggeber nicht zu vergrätzen - also etwa Politiker aus den Datensätzen entfernen?
4) Würden die Aufkäufer die Verantwortung übernehmen, falls zur Beschaffung lukrativer Steuerdaten z.B. ein Wachmann umgebracht wird, Kinder eines Bankangestellten entführt werden, oder Millionen aus deutschen Steuergeldern an Drogen-, Menschenhändler- oder Terroristenringe weitergeleitet werden?
Danke für Ihre Antwort
mit freundlichen Grüßen
Peter Kanzow
Sehr geehrter Herr Kanzow,
vielen Dank für Ihre Nachfrage zum Ankauf von sogenannten Steuer CDs. Mit ihr zielen sie erneut auf den inhaltlichen Kern der Debatte ab. Ist es deutschen Steuerbehörden erlaubt, Daten zu verwenden, die möglicherweise aus kriminellen Handlungen gewonnen wurden? Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht führt dazu aus, dass ein Verwertungsverbot von Beweismitteln, weil sie beispielsweise in Zusammenhang mit einer Straftat erhoben wurden, in einem Verfahren trotzdem als ein Anfangsgrund für weitere Ermittlungen dienen können. Dementsprechend erhobene weitere Beweismittel sind dann zulässig für die Eröffnung eines Verfahrens. Es wird also niemand nur deshalb für ein Steuervergehen belangt, weil seine Daten auf einer Steuer CD stehen, sondern weil entsprechende Ermittlungen deutscher Steuerbehörden die Eröffnung eines Verfahrens rechtfertigen.
Die einzige Ausnahme eines absoluten Beweisverwertungsverbot, räumt das Verfassungsgericht ein, wenn der absolute Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt ist. Wie ich bereits ausgeführt habe, zählt die Zahlung von Steuern nicht in diesen absoluten Kernbereich. Solange es keine wirksamen Steuerabkommen gibt, halte ich es für legitim, dass die Steuerfahndung auch mit unkonventionellen Mitteln Steuerhinterziehungen aufdeckt. Es kann nicht sein, dass Steuerbetrüger nach den Regelungen des Steuerabkommens finanziell besser wegkommen, als die ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in der Bundesrepublik. Es muss klar werden, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt ist, sondern ein grober Verstoß gegen die Interessen der Allgemeinheit.
In Deutschland ist es aus guten Gründen üblich, dass bei laufenden Ermittlungen mit Informationen konservativ umgegangen wird. Das hat einerseits den Sinn, die Erfolgschancen von Ermittlungen nicht zu gefährden, andererseits dient es Verdächtigen als Schutz vor Vorverurteilungen. Es ist daher kaum verwunderlich, dass über die konkreten Ermittlungen der Steuerfahndungen nur wenig an die Öffentlichkeit gerät. Der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen Norbert Walter-Borjans versichert aber, dass ein Ankauf von Daten nur nach sehr gründlicher Prüfung erfolgt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei dieser Prüfung organisierte Kriminalität und Kapitalverbrechen außer Acht bleiben.
Was den Inhalt der Daten betrifft, ist mit Blick auf die Vergangenheit festzustellen, dass in Deutschland keine Berufsgruppe von den Ermittlungen der Steuerfahndung ausgenommen geblieben ist. Nehmen Sie beispielsweise den Fall von Klaus Zumwinkel, der bis zum Ankauf der Steuer CDs ein über alle politischen Grenzen hinweg geachteter Manager war. Ich finde es beruhigend, dass unsere Steuerfahndung so unabhängig ist, dass auch Politiker von ihr verfolgt werden können. Erinnern Sie sich hier beispielsweise den Fall von Otto Graf Lambsdorf.
Im Übrigen muss bei der Bekämpfung von Korruption noch deutlich mehr getan werden. Deutschland muss die UN-Konvention zur Korruptionsbekämpfung ratifizieren. Damit wird die Abgeordnetenbestechung unter Strafe gestellt und Nebeneinkünfte müssen transparent aufgelistet werden. Es ist leider so, dass freiwillig nur einige wenige Abgeordnete und ich dazu bereit sind.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Kelber