Frage an Ulrich Kelber von Monika W. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Kelber,
es gefällt mir, dass jede Aufstockung des ESM durch die nationalen Parlamente ratifiziert werden soll.
Welche Sachverhalte veranlassten die Festsetzung der Grundkapitalsumme auf 700 Milliarden Euro? Haben daran die nationalen Parlamente mitgewirkt?
Sollen die Zahlungsfristen (ESM Art.8 Abs.3) nationalstaatlich mitbestimmt werden?
Aus meiner Sicht ist der Artikel 27 (Rechtsstellung des ESM, Immunitäten und Vorrechte) geeignet, jede Art von parlamentarischer Kontrolle zu verhindern oder wenigstens erheblich zu erschweren. D. h. es werden paralamentarische Rechte für alle Zeiten außer Kraft gesetzt. Wäre es da nicht angemessen, diesem Gesetz jede parlamentarische Zustimmung zu verweigern?
Wer oder was treibt eigentlich zu dieser Eile an? Wessen Interessen werden hier bedient?
Grüße, Monika Wirthgen
Sehr geehrte Frau Wirthgen,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Die Grundkapitalsumme des ESM ergibt sich aus einem so hoch wie möglich geschätzten möglichen Kreditbedarf der beteiligten Länder in Höhe von 500 Milliarden Euro und 200 Milliarden Euro Absicherung, um das AAA-Rating bei der Kreditaufnahme zu erhalten. Die Summe ist wie immer in der EU ein Kompromiss zwischen Minimal- und Maximalforderung (die OECD hatte 1 Billionen gefordert), den die Regierungen vereinbart haben.
Es gibt im Art. 8 Abs. 3 des ESM keine Zahlungsfristen, wenn Sie den Abs. 4 meinen, so ist es doch selbstverständlich, dass das vereinbarte Kapital auch eingezahlt wird und dieser Einzahlung stimmt der Bundestag mit der Annahme des ESM zu.
Im Artikel 27 des ESM geht es um den Jahresabschluss. Sie meinen wahrscheinlich die Art. 32 und 35 und dazu habe ich in meiner Antwort vom 29. März 2012 an Herrn Blauer hier schon ausführlich Stellung genommen.
Ich halte eine Beratungszeit von mehr als einem halben Jahr nicht für eine eilige Beratung und kann Ihnen - zumindest für die SPD-Bundestagsfraktion - versichern, dass wir den gesamten Themenkomplex sehr ausführlich und immer wieder mit Volkswirtschaftlern, Verfassungsexperten und Finanzwissenschaftlern diskutiert haben. Wir haben es uns dabei nicht so einfach gemacht, wie uns von manchen Kritikern unterstellt wird.
Wessen Interessen hier bedient werden? Ich gehe davon aus, dass eine Rettung des Euro, eine stabile Wirtschaft in der gesamten EU und eine stabile und sich positiv weiter entwickelnde EU in unser aller Interesse ist. Dies ist jedenfalls für mich der Grund für die Zustimmung zum ESM und zum Fiskalpakt.
Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber