Frage an Ulrich Kelber von Sarah M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Kelber,
ich bin Mutter und habe in meiner letzten Schwangerschaft von meinem Recht auf individuelle Hebammenbetreuung unter der Geburt Gebrauch gemacht.
Für mich ist klar, ich möchte noch ein weiteres Kind bekommen, aber dies bitte unbedingt wieder mit meiner eigenen Hebamme!
Jetzt musste ich erfahren, dass innerhalb eines Jahres 15 % Prozent der Haus-, Geburtshaus- und Beleghebammen, keine Geburtshilfe mehr anbieten können.
Die Vergütungen durch die Krankenkassen entsprechen nach der sogenannten Schiedsstelleneinigung weiterhin nicht dem hohen Maß an Verantwortung und sind so gering, dass die freiberuflichen Hebammen die steigenden Unkosten, wie z.B. die massiv erhöhten Haftpflichtprämien, nicht mehr bezahlen können.
Ich bin verärgert darüber, dass die Hebammenarbeit nicht angemessen vergütet wird und mit der Gesundheit von Frauen und Kindern gespielt wird. Wahlfreiheit ist nicht mehr gewährleistet, Geburtsmedizin wird der Geburtshilfe vorgezogen und ein Anstieg der Kaiserschnittrate von 18 auf über 30 Prozent wird kritiklos hingenommen.
Ich fordere Sie deshalb auf, umgehend dafür zu sorgen, dass die wohnortnahe Versorgung mit Hebammen zukünftig erhalten bleibt bzw. wieder ausgebaut werden kann. Es muss langfristig für uns als auch unsere Töchter möglich sein, nicht nur in großen, unter Umständen weit entfernten Klinikzentren, sondern auch in kleinen Belegkrankenhäusern vor Ort, Geburtshäusern oder zu Hause ein Kind zu bekommen.
Es kann nicht sein, dass nur solche Zentren, deren Kaiserschnittrate besonders hoch ist, finanziell so ausgestattet werden, dass sie überleben können.
Ich freue mich von Ihnen zu erfahren, wie Sie das Recht auf Wahlfreiheit unter der Geburt und individuelle Betreuung Gebärender schützen werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Sarah McNelis
Sehr geehrte Frau McNelis,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu den steigenden Versicherungsprämien für Hebammen und deren Situation allgemein.
Da (fast) alle meine Kinder durch Hausgeburten zur Welt gekommen sind, weiß ich die Arbeit der freiberuflichen Hebammen sehr zu schätzen. Meine Frau (und auch ich) hat sich durch den sehr engen und persönlichen Kontakt immer gut aufgehoben und unterstützt gefühlt. Für Schwangere und junge Mütter sind Hebammen vor und nach der Geburt enge und wichtige Ansprechpartnerinnen. Gerade aufgrund meiner familiären Erfahrung setze ich mich dafür ein, dass Schwangere frei wählen können, wo und wie ihr Kind zur Welt kommen soll. Neben den Geburtshilfeabteilungen der Krankenhäuser müssen auch freiberuflich tätige Hebammen an der Versorgung beteiligt sein. Eine Schwangerschaft ist keine Krankheit! Darum sind Hebammen unverzichtbar.
Die Vergütung von Hebammenleistungen muss so gestaltet sein, dass Hebammen von ihrem Beruf angemessen leben können. Um die steigenden Versicherungsprämien abzufedern, haben sich Hebammen- und Krankenkassenverbände unter Vermittlung der Schiedsstelle im letzten Jahr darauf verständigt, dass die Vergütung für außerklinische Geburten um 100 Euro pro Geburt erhöht wurde. Die SPD und auch ich begrüßen die gefundene Einigung, die nicht von der Politik, sondern von den beiden Interessenverbänden ausgehandelt wurde, allerdings denke ich auch, dass diese Erhöhung noch nicht ausreichend war und ist, weil es eben die steigenden Versicherungsprämien nicht ausreichend auffängt.
Die SPD hat die Bundesregierung aufgefordert, zu prüfen, wie das Haftungsrisiko für ärztliche und nichtärztliche Berufe im Gesundheitssystem insgesamt auf einen größeren Personenkreis verteilt werden kann, damit drastische Kostensteigerungen durch steigende Versicherungsprämien wie im Falle der Hebammen für Einzelne vermieden werden können. Die Bundesregierung prüft dies nach Angaben des Gesundheitsministeriums immer noch, ebenso wie die Frage, wie die Regelungen zu den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft von der Reichsversicherungsordnung in das fünfte Sozialgesetzbuch überführt werden könnte, um diese a) zu modernisieren und b) deutlich zu machen, dass es sich bei einer Schwangerschaft nicht um eine Krankheit handelt.
Kurz: ich werde auch weiter alles dafür tun, dass Frauen die Wahlfreiheit bei der Betreuung während der Schwangerschaft und Geburt haben und ich mich dafür einsetzen, dass die Bundesregierung ihre Zusagen aus dem letzten Jahr nun endlich auch in die Tat umsetzt.
Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber