Frage an Ulrich Kelber von Rainer L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Kelber,
wie ist Ihre Meinung zum bedingungslosen Grundeinkommen?
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Locke
Sehr geehrter Herr Locke,
vielen Dank für Ihre Frage zum bedingungslosen Grundeinkommen.
Im Rahmen der Fragen zur Bundestagswahl habe ich diese Frage hier auf Abgeordnetenwatch (s. Antwort auf Frage von Frau C. vom 25.08.2009) schon einmal wie folgt beantwortet:
"Ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) halte ich dagegen für falsch. Die einzelnen Modelle für ein BGE sind auf unterschiedliche Begründungszusammenhänge aufgebaut. Alle Modelle für ein BGE haben jedoch die gemeinsame Annahme zur Grundlage, dass es in unserer Gesellschaft nicht mehr genügend Arbeit gibt, sodass die soziale Grundsicherung neu ausgerichtet werden muss. Wesentliches Element der meisten Ansätze ist die Bedingungslosigkeit der Grundleistung. Arbeit gibt es in der Gesellschaft genug, z.B. im sozialen Bereich. Sie muss organisiert und gerecht verteilt werden. Deswegen halten wir an der Forderung der Vollbeschäftigung fest. Wer sagt, es gäbe nicht mehr genug Arbeit, schiebt Menschen in die Perspektivlosigkeit ab und nimmt ihnen damit auch ein Stück ihrer Würde. Das Grundeinkommen wäre somit eine Stillhalteprämie. Ein BGE entwertet die Leistung der arbeitenden Menschen und damit auch ihre Lebensleistung, weil – gerade im Bereich der Alterssicherung – die soziale Sicherung nicht mehr Ergebnis des eigenen Arbeitens ist. Ein BGE ist nicht finanzierbar. Je nach Berechnung und Modell wird im krassesten Fall das gesamte BIP umverteilt. Wir wollen Mindestlöhne statt staatliche Lohnsubvention. Menschen die Arbeit und Existenz sichernde Löhne haben, brauchen kein Grundeinkommen. Außerdem sind soziale Problemlagen heute vielschichtiger - Armut ist nicht nur auf materielle Armut reduzierbar und deshalb nicht ausschließlich über soziale Transfers zu bekämpfen. Der Sozialstaat besteht nicht nur aus sozialen Transferleistungen. Der Sozialstaat stellt soziale Dienstleistungen, wie z.B. Beratungen, Familienhilfen und Jugendeinrichtungen, zur Verfügung. Fehlende Bildungschancen werden z.B. durch ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht bekämpft. Die Teilhabe am Erwerbsleben wird sogar erschwert – das bedingungslose Grundeinkommen wirkt ausgrenzend. Die SPD tritt stattdessen dafür ein, die bestehende Grundsicherung weiter zu entwickeln, damit die Bürgerinnen und Bürger abgesichert sind, die Existenz sichernde Unterstützung brauchen. Darüber hinaus entwickeln wir den Sozialstaat in seiner ganzen Breite weiter, damit er die Bürgerinnen und Bürger unterstützen kann, ihre Perspektiven und Chancen zu verwirklichen."
Daran hat sich nichts geändert, das halte ich nach wie vor für richtig.
Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber