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Frage von Peter K. •

Frage an Ulrich Kelber von Peter K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Kelber,

die Oppositionsparteien verwenden gerne die Bezeichnungen "Geschenk für Hoteliers" und "Mövenpick-Steuer" für die von der Regierungskoalition umgesetzte Mehrwertsteuersenkung auf Hotelübernachtungen.

Mal abgesehen davon, dass polemische Breitseiten gegen den politischen Gegner immer gern genommen werden, kann ich an der Maßnahme nichts Skandalöses finden.

In fast ganz Europa kommen Hotels in den Genuß einer geringeren Mehrwertsteuer. Grund ist wahrscheinlich die Tourismusförderung und die Erkenntnis, dass Hotels oft ausländische Gäste beherbergen und daher im Saldo Geld ins Land bringen. Umwegrendite nennt man das wohl.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass etwa in Spanien, wo der MWSt.-Satz 16% ist (neuerdings erhöht), Hotels 7% bezahlen, während in Österreich die MWSt. bei 20% liegt, für Hotels aber nur bei 10%. Die Dehoga hat auf http://www.prosiebenprozent.de/argumente/mwst.-europa/index.html eine Aufstellung angeführt, aus der hervorgeht, dass Hotelübernachtungen in allen europäischen Ländern außer Großbritannien, Dänemark, Litauen und der Slowakei einer ermäßigten Mehrwertsteuer unterliegen. Was ist jetzt also so skandalös daran, wenn sich Deutschland diesem europäischen Trend anschließt?

Außerdem wissen Sie ganz genau, dass Hotels Wirtschaftsunternehmen wie andere auch sind. Das bedeutet, es profitieren nicht nur "Hoteliers", sondern auch Zimmermädchen, Rezeptionisten, KöchInnen, Wäschereien etc.

Sie haben sich ja auch bemüht, die "Abwrackprämie", mit der die Autoindustrie unterstützt werden sollte, mit Blick auf die Arbeiter (insbesondere bei Opel) darzustellen. Dabei hat z.B. auch "Automagnat" Ferdinand Piech nicht unerheblich von dieser Subvention profitiert.

Wenn es Ihnen nur um eine wohlfeile verbale Keule gegen die Regierung geht, bitte, aber für mich bedeutet solche Polemik Verdruß und den Verlust von Vertrauen. Hauen Sie den Gegner für seine falschen Maßnahmen, nicht für seine vertretbaren!

MfG Peter Kanzow

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kanzow,

vielen Dank für Ihre Anfrage, deren Frage ich allerdings nicht erkennen kann.
Die Mehrwertsteuersenkung für die Hoteliers wird ja inzwischen selbst von der Regierungskoalition als ein Fehler gewertet, insofern kann die böse Opposition da nicht so ganz falsch gelegen haben - auch ohne Polemik.
Die gesamte Mehrwertsteuerregelung gehört schon lange auf den Prüfstand, da macht es keinen Sinn, einzelne Branchen kurzfristig zu bevorzugen. Aber das hat in dieser Bundesregierung ja Methode, s. Energiepolitik, Gesundheitspolitik etc.

Die "Abwrackprämie" sollte, neben die kurzfristigen Stützung der angeschlagenen Automobilindustrie, zum Kauf von umweltfreundlicheren, weil treibstoffsparenden Autos anregen. Dies ist gelungen, weil in erster Linie Minis, Kleinwagen und Kompakte gekauft wurden. "Ein kaum beachteter Umwelterfolg der Prämie lag im Anreiz für private Halter, direkt auf ein neues Auto anstatt auf einen Gebrauchtwagen umzusteigen und genau so viel Auto zu kaufen, wie sie haben wollten. So nutzten die Käufer die Prämie zum Erwerb eines Pkw, der kleiner, moderner und effizienter ist als ein üblicher Gebrauchtwagen." (s. IFEU-Gutachten „Abwrackprämie und Umwelt – eine erste Bilanz) Und: beim Kauf eines Neuwagens wurden mehr Mehrwertsteuern eingenommen, als beim Kauf von Gebrauchtwagen, so dass ein Teil der Kosten für die Abwrackprämie wieder in die öffentlichen Haushalte zurückfloss. Auch dies ist bei der Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers nicht der Fall.

Die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen innerhalb der EU sind kein Wettbewerbsnachteil zulasten der einheimischen Hotellerie und Gastronomie. Für die Hotellerie und Gastronomie spielen vielmehr die Attraktivität des Standortes und der Umgebung eine entscheidende Rolle, ebenso wie die Qualität des Angebots. Dies lässt sich nicht durch eine ermäßigte Mehrwertsteuer regeln.

Übrigens verdienen selbst im noblen Berliner Adlon die Zimmermädchen so wenig, dass ihr Gehalt aus Mitteln der Allgemeinheit aufgestockt werden müsste. Für ein menschenwürdiges Gehalt müsste der Preis pro Zimmer von 280 auf 280,50 Euro wachsen oder der Konzern auf ein bisschen Gewinn verzichten. Nach der Mehrwertsteuersenkung sind die Gehälter nach meiner Kenntnis nicht heraufgesetzt worden ...

Mit freundlichem Gruß

Ulrich Kelber