Frage an Ulrich Kelber von Tim P. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Kelber,
am Freitag werden Bundestag und Bundesrat über das "Währungsunions- Finanzstabilisierungsgesetz" abstimmen, mit dem die Finanzhilfen an Griechenland gesetzlich geregelt werden sollen.
Dabei wird m.E. sowohl von den öffentlichen Nachrichten als auch von der Politik eine Frage nicht ausreichend beleuchtet: Welchen Rang werden die EU- und IWF-Hilfen an Griechenland haben.
Die Problematik ist m.E. dabei die folgende:
Entweder: Die gewährten Kredite sind nachrangig gegenüber den bisher ausgegebenen Staatsanleihen, d.h. sie werden bei einer (von Experten als nicht unwahrscheinlich angesehenen) Umschuldung Griechenlands nur dann bedient, wenn alle Käufer der Staatsanleihen zuvor ausgezahlt wurden. Angesichts des expliziten Verbots von Bail-outs im Vertrag von Lissabon (und dem ausdrücklichen Bezug des Bundesverfassungsgericht auf diesen Artikel bei der Erklärung der Verfassungswürdigkeit des Vertrages) könnten nachrangige Kredite dazu verfassungsrechtliche Probleme mit sich bringen.
Oder: Die gewährten Kredite sind vorrangig gegenüber den bisher ausgegebenen Staatsanleihen, d.h. sie werden bei einer Umschuldung bevorzugt bedient und lassen dadurch die Verluste der bisherigen Gläubiger entsprechend höher ausfallen. Dann dürften die Hilfen ihre geplante Wirkung auf die Finanzmärkte ihr Ziel verfehlen.
Aber wie auch immer die Folgen genau sein werden, ich halte es für wichtig, dass die Frage des Rangs der Hilfen vor der Abstimmung über das Gesetz geklärt wird, ansonsten läuft die Politik Gefahr, auf eine der beiden geschilderten Arten Schiffbruch zu erleiden. Außerdem hat die deutsche Bevölkerung ein Anrecht hat zu erfahren, auf welche Art eine nicht unerhebliche Bürgschaft auf ihre zukünftigen Steuergelder ausgegeben wird (ohne dass dafür Rückstellungen oder gar Haushaltspositionen gebildet werden, dies nur nebenbei bemerkt).
Welchen Status haben Ihrer Sicht nach die Hilfen, und wie werden Sie hier für Klarheit sorgen?
MfG,
T. Paehler
Sehr geehrter Herr Paehler,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu den Finanzhilfen für Griechenland. Sie haben Recht, im Rahmen der gesamten Diskussion, die wir ja bereits seit Monaten führen, musste vieles bedacht und abgewogen werden, auch Ihre Frage.
Bei den Rückzahlungen stehen die Kredite des IWF im ersten Rang, sie müssen mit Vorrang und in der vereinbarten Form zurückgezahlt werden. Dies ist im internationalen Recht festgelegt.
Die bisher ausgegebenen Staatsanleihen werden je nach Fälligkeit nach und nach durch die verabredeten Kredite der Euro-Staaten abgelöst werden. Diese Kredite sind dann gemäß den Vereinbarungen als nächstes zu bedienen.
So die Pläne und nun müssen wir alle gemeinsam hoffen, dass die Finanzmärkte sich beruhigen und die widerliche Zockerei gegen ganze Staaten ein Ende findet und Griechenland sich rasch wirtschaftliche konsolidiert. Ein Vorrangstellen der staatlich verbürgten Kredite ist (leider) rechtlich nicht möglich.
Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber