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Frage von Jan-Erik H. •

Frage an Ulla Schmidt von Jan-Erik H. bezüglich Gesundheit

Seit dem 18.Lebensjahr lerne ich viele Nachteile des deutschen Gesundheitswesens kennen. Bei meinem ersten Arztbesuch zahlte ich nicht nur die 10 Euro Praxisgebühr und eine Gebühr für das Ausstellen einer Schulbescheinigung für einen Fehltag, sondern mit Vollendung des 18.Lebensjahres darf man auch seine Medikamente selber bezahlen. Somit summierte sich mein erster Arztbesuch auf circa 20 Euro.
Zur Erinnerung: Bis zum 18.Lebensjahr ist man jeglichen Kosten befreit.
Da meine Schulzeit allerdings noch nicht vollendet ist, und ich deshalb über kein eigenes Einkommen verfüge, habe ich eine Petition an den Deutschen Bundestag verfasst. Das Ergebnis möchte ich nun kurz darlegen.
Es besteht kein Unterschied, ob ein Jugendlicher über eigenes Einkommen verfügt oder nicht. Somit auch nicht, ob er einem Beruf oder einer Ausbildung nachgeht.
Die entstehenden Kosten sind in jedem Fall ab dem 18.Lebensjahr selbst zu tragen.
Eine kurze Anmerkung dazu. Ich finde es einen Unterschied, ob ein Jugendlicher, der das 18. Lebensjahr erreicht, eigenes Einkommen hat oder nicht. Es werden hier Schüler, die sich entscheiden, die Schule länger als andere zu besuchen, ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt also verbessern wollen und somit dem Allgemeinwohl und dem Staat, auch auf längerer Hinsicht dient, besonders benachteiligt. Schade!
Was sagen Sie dazu?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hansen,

vielen Dank für Ihren Beitrag. Wie fast alle Länder der Welt kommt auch das deutsche Gesundheitssystem nicht umhin, Patientinnen und Patienten mittels begrenzter Zuzahlungen an Behandlungskosten zu beteiligen. Im Übrigen schon sehr, sehr lange. Schon vor der ersten bedeutenden Gesundheitsreform 1977, die insbesondere Zuzahlungserweiterungen auf Arznei-, Verbands- und Heilmittel beinhaltete, mussten beispielsweise für Arzneimittelrezepte Zuzahlungen geleistet werden.

Vor dem Hintergrund, dass die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland nicht nur sehr umfassende Leistungen anbieten, sondern diese im Falle einer Erkrankung auch völlig unbegrenzt finanzieren, ist die bestehende, sozial begrenzte finanzielle Eigenbeteiligung vertretbar und geboten. Geboten auch deshalb, weil die Finanzierung über Sozialversicherungsbeiträge gewährleistet wird, die die allermeisten Versicherten und deren Arbeitgeber verpflichtend leisten.

Grundsätzlich muss in Deutschland jeder Erwachsene Zuzahlungen für verschiedene Leistungen zahlen. Zugleich soll jedoch niemand durch Zuzahlungen finanziell überlastet werden. Daher müssen gesetzliche Zuzahlungen nur bis zu einer Belastungsgrenze, die die Leistungsfähigkeit des Einzelnen bzw. - wie in Ihrem Fall - der Familie berücksichtigt, geleistet werden.

Die jährliche Eigenbeteiligung der Versicherten darf zwei Prozent der Bruttoeinnahmen nicht überschreiten. Für chronisch kranke Menschen gilt eine Grenze von ein Prozent der Bruttoeinnahmen. Sobald ein familienversicherter Familienangehöriger (Ehegatte, volljähriges Kind) schwerwiegend chronisch krank ist, gilt für alle Familienmitglieder die maximale Belastungsgrenze von einem Prozent.

Bei der Ermittlung der Belastungsgrenze ist das jährliche Einkommen aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienangehörigen zusammenzurechnen. Für Familien verringert sich die Belastungsgrenze durch die Kinderfreibeträge (pro Kind 3.648 Euro) und gegebenenfalls den Freibetrag für den Ehepartner (4.410 Euro).

Unser soziales Krankenversicherungssystem zeichnet sich auch an weiteren Stellen durch dezidiert familienpolitische Leistungen aus:

So sind Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr grundsätzlich von Zuzahlungen befreit. Einzige Ausnahme ist die Zuzahlung bei Fahrkosten, die auch von nicht volljährigen Versicherten zu entrichten ist.

Speziell die beitragsfreie Mitversicherung (Familienversicherung) ist ein Herzstück der sozialen Krankenversicherung. Beitragsfrei mitversichert sind der Ehegatte oder der gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartner und die Kinder eines Mitglieds. Als Kinder gelten auch Stiefkinder und Enkel, die das Mitglied überwiegend unterhält, sowie Pflegekinder. Wenn Kinder nicht erwerbstätig sind, endet für sie die Familienversicherung mit der Vollendung des 23. Lebensjahres. Sie endet mit Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn sich das Kind in Schul- oder Berufsausbildung befindet oder ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr leistet. Wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht (Wehr- oder Zivildienst) des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung über das 25. Lebensjahr hinaus für den entsprechenden Zeitraum.

Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel werden in der Regel nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet. Dies gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. In diesen Fällen erstatten die Kassen nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Rezept.

Zuletzt möchte ich Sie darauf hinweisen, dass entsprechend den gesetzlichen Möglichkeiten viele Krankenkassen Zuzahlungsermäßigungen oder auch Befreiungen anbieten, wenn Versicherte sich in Behandlungsprogramme einschreiben, Hausarzttarife wählen oder auf bestimmte, gleichwertige Arzneimittel zurückgreifen. Insofern hat der Einzelne durch sein Verhalten auch Einfluss auf zu leistende Zuzahlungen. Ich empfehle Ihnen daher, sich an Ihre Krankenkasse zu wenden und zu erfragen, welche Möglichkeiten sie anbietet.

Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt