Frage an Ulla Burchardt von Sara K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Burchardt,
Ich hätte einige Fragen bezüglich der Änderungen hinsichtlich der Schulzeit auf Gymnasien. Halten Sie es wirklich für zumutbar, den Schülern betroffener Jahrgänge (und damit meine ich vorallem den Jahrgang, der als erstes nach 12 Jahren Abitur macht und die Stunden nachholen muss) so eine Belastung aufzubürgen? Natürlich kann man sagen, dass die verkürzte Schulzeit Vorteile bringt - aber kann diese die Nachteile aufwiegen? Muss man den Schülern ihre Freizeit nehmen (die vor allem in diesem Alter wichtig für die Enwicklung und den Ausgleich ist), damit sie im Berufsleben eine zweifelhafte, bessere Chance haben?
In meinen Augen ist diese Entscheidung nur in wenigen Punkten nachvollziehbar, deshalb würde ich mich sehr über eine Stellungnahme ihrerseits freuen. Vielleicht wird die Sache für mich dann ein wenig durchsichtiger.
Mit freundlichen Grüßen,
S. Kirchhoff
Sehr geehrte Frau Kirchhoff,
vielen Dank für Ihre Frage zur Verkürzung der Gymnasialzeit vom 24. April 2008, die mich über das Portal Abgeordnetenwatch.de erreicht hat. Ich bitte Sie, die späte Antwort zu entschuldigen, aber direkt per Post, Telefax oder Email an mein Abgeordnetenbüro gerichtete Anfragen haben für mich bei der Beantwortung Priorität.
Grundsätzlich sind im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland die Bundesländer für die Schulpolitik verantwortlich. Ich als Bundespolitikerin habe darauf nur wenig Einfluss. Deshalb empfehle ich Ihnen, sich mit Ihrem Anliegen an Ihren örtlichen Landtagsabgeordneten sowie an die für Sie zuständige niedersächsische Landesregierung. Trotzdem habe ich als Bildungspolitikerin dazu natürlich eine Meinung, die ich Ihnen im Folgenden gerne darlege:
Ich sehe die aktuell in vielen Bundesländern laufende Einführung des achtjährigen Gymnasiums ähnlich wie Sie sehr kritisch. Die Zeit- und Arbeitsbelastung erreicht in vielen Fällen ein unverantwortlich hohes Niveau.
Dadurch wird nur unnötig der Druck auf die Schülerinnen und Schüler erhöht. Ich befürchte, dass so die soziale Selektivität unseres Schulsystems weiter zunimmt, da viele Schülerinnen und Schüler den Belastungen nicht gewachsen sein werden und in der Folge nicht versetzt oder gar "abgeschult" werden.
Noch eine grundsätzlichere Anmerkung: Bildung und insbesondere auch Schulbildung sollte nicht ausschließlich auf den Aspekt der Berufsvorbereitung reduziert werden. Bildung und die Schulzeit sollten auch der persönlichen Entwicklung dienen. Dazu muss den jungen Menschen auch die notwendige Zeit zum Erfahrungen sammeln gegeben werden.
Um die tatsächliche (Erstaus-)Bildungszeit in Deutschland zu verkürzen gibt es meines Erachtens deutlich besser geeignete Maßnahmen, z.B. die Abschaffung der Nichtversetzung, eine bessere individuelle Förderung, eine verbesserte Ausstattung des Bildungssystems sowie ein ausreichendes und auswahlfähiges Angebot an Ausbildungs- und Studienplätzen, um unnötige Wartezeiten nach dem Schulabschluss zu vermeiden.
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Burchardt