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Frage von Michael G. •

Frage an Uli Walter von Michael G. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Walter,

wie stehen Sie zum Kammerzwang ?
Sind Sie für die Beibehaltung des Kammerzwangs oder für umfassende Reformen der Zwangskammern mit dem Ziel der Abschaffung der Zwangsmitgliedschaften ?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Geißinger,

Ihre Fragen zur Pflichtmitgliedschaft bei Kammern beantworte ich wie folgt:

Zusammenfassend:

1. Das Kammerwesen muss dringend reformiert werden.
2. Entweder freiwillige Mitgliedschaft oder Kleinstbeiträge für kleine Unternehmen im Falle der Pflichtmitgliedschaft
3. Keine Doppelmitgliedschaften (z. B. IHK und HK)
4. Die Selbstverwaltung ist der direkten staatlichen Aufsicht vorzuziehen.
5. In manchen Bereichen ist eine solche Selbstverwaltung nötig (z. B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Notare, Wirtschaftsprüfer)
6. Wie diese Selbstverwaltungs ausgestaltet wird, kann aus meiner Sicht ergebnisoffen diskutiert werden. Diese Diskussion ist überfällig, auch im Rahmen der Verschlankung unseres kostenträchtigen Verwaltungswesens.

Grundsätzliches:

Ein wichtiges Ziel ist aus meiner Sicht unseren Staat - und dies gilt für Bund, Länder und Kommunen - wieder effizient und finanzierbar zu machen.

Dies bedeutet:
- Konsequenten Rückbau unsinniger Vorschriften (Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsanweisungen usw.)
- Schlankere Verwaltungen (weniger Personal)
- Kürzere Verfahrenswege (schnelle Entscheidungen)
- Weniger Papierkrieg
- Soweit die direkte Zuständigkeit des Staates nicht notwendig ist, aber dennoch die Einhaltung einheitlicher Regularien oder hoheitliche Aufgaben unamgänglich sind, die Ausführung und Überwachung im Rahmen der
SELBSTVERWALTUNG

Ob im Rahmen einer solchen Selbstverwaltung Kammern eine Lösung sind, ist zu erörtern. Verzichtbar sind solche Organisationen in manchen Bereichen nicht. Ich denke dabei z. B. an die Aufgaben der Rechtsanwaltskammer, der Steuerberaterkammer, der Wirtschaftsprüferkammer usw., von denen wichtige
berufs- und standesrechtliche Aufgaben erfüllt werden, für die ansonsten der Staat direkt zuständig wäre.

Wenn es also um die Frage geht Staat oder Selbstverwaltung mit bestimmten hoheitlichen Aufgaben, ziehe ich immer die Selbstverwaltung vor, da diese effizienter ist und für bestimmte Bereich keine Querfinanzierung durch die Allgemeinheit erfolgt. Ich will dies hier jetzt nicht vertiefen, aber ich denke die Grundlinie meiner Überlegungen ist verständlich.

Nun zu Ihren Fragen im Einzelnen:

1. Kammerzwang (ich vermute, Sie meinen damit die Pflichtmitgliedschaft zu bestimmten Kammern)

Die Pflichtmitgliedschaft halte ich grundsätzlich bei bestimmten Kammern aus berufsrechtlichen Gründen für richtig. Ob es hier für die Zukunft bessere Lösungen geben kann, muss man sehen. Allerdings müssen alle Kammern auf den Prüfstand hinsichtlich ihrer Aufgaben (hierfür ist der Gesetzgeber zuständig) und ihrer Effizienz und inneren Organisation (hierfür sind die Mitglieder der Kammern zuständig).

Einen Sonderfall stellen meines Erachtens die Industrie- und Handelskammern (IHK) und die Handwerkskammern (HK) dar. Bei diesen beiden Kammern zeichnet sich leider sehr deutlich ab, dass Verwaltungen und damit verbundene Kosten im Laufe der Zeit entarten.

Mit anderen Worten: hier besteht dringender Reformbedarf. Dies im Einzelnen hier zu erläutern ginge zu weit.
Aber im Kern muss folgendes vordringlich angegangen werden:

- Gründliche Überprüfung der Aufgaben der Kammern

- Kammern haben sich als Anbieter aus allem heraus zu halten, was seitens der freien Wirtschaft ebenfalls angeboten wird. Typisch hierfür sind z. B. Kurse der verschiedenen Art. Wenn, dann wäre die Kammer bestenfalls für die Sicherstellung eines Standards zuständig.

2. Pflichtmitgliedschaft bei IHK oder HK

- Auf keinen Fall Doppelmitgliedschaften IHK und HK, wenn dann nur Mitglied bei einer Kammer
- Wenn Pflichtmitglieschaft, dann für kleine Unternehmen beitragsfrei oder minimalen Mindestbeitrag, der die Kosten für die Führung als Mitglied und für Informationen deckt (z. B. 30,-- bis 50,-- € p. a.). Zudem sollte
bezüglich des Beitrags am Gewinn orientierte Obergrenzen geben. Zwingend wäre Mitspracherecht für alle Mitglieder, unabhängig von der Unternehmensgröße.

- Eine Lösung wäre auch freiwillige Mitgliedschaft. Aber das verursacht mir etwas Bauchschmerzen, so lande die Kammern öffentliche Aufgaben im Rahmen der Selbstverwaltung erfüllen. Es kann nicht sein, dass man in solchen Fällen nur mitreden darf, wenn man zahlendes Mitglied ist.

Ich hoffe damit Ihre Fragen beantwortet zu haben.

Sie können gerne nach der Wahl auf mich zukommen, da ich mich mit diesem Thema weiter beschäftigen werde, da ich in diesem Bereich Reformen für dringend erforderlich halte. Der heutige Zustand ist aus meiner Sicht in akzeptabel.

Mit freundlichen Grüßen
Uli Walter