Frage an Ülker Radziwill von Natalie R. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Radziwill,
auch wenn mir bekannt ist, dass meine Frage vordergründig nichts mit Bundespolitik zu tun hat, möchte ich Sie nach Ihrer Haltung zum Volksentscheid "Rückkauf des Berliner Stromnetzes" fragen. Halten Sie es für richtig, dass die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, der Sie angehören, sich gegen die Entscheidung der eigenen Landespartei stellt, die einen solchen Rückkauf befürwortet? Um das Thema aber auch noch auf die Bundesebene zu heben, möchte ich Sie allgemein nach Ihrer Meinung zum Thema "Rekommunalisierung öffentlicher Daseinsvorsorge" fragen. Halten Sie diese für prinzipiell richtig und notwendig?
Sehr geehrte Frau Rottka,
vielen Dank für Ihre Frage, die eines der wichtigsten Themen des Bundestagswahlkampfs berührt. Und zwar geht es ja darum, wie die Energiewende auf Bundes-, Landes- und auf kommunaler Ebene organisiert wird. Also hat das doch etwas, wenn auch entfernt, mit der Bundespolitik zu tun. Da der Sachverhalt sehr komplex ist, will ich versuchen, in kürze zu antworten.
Die Energieinfrastruktur und auch andere Bereiche wie z.B. Wasser, was nun durch den Senat zurückgekauft wurde, sind wichtige Bestandteile der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die SPD hat aus der Vergangenheit gelernt, dass wir wieder stärker darauf achten müssen, wie die grundlegenden Leistungen der Daseinsvorsorge erbracht und zukunftsfähig gestaltet werden können.
Grundsätzlich sind sich die Berliner SPD und die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus einig, dass wir einen stärkeren Einfluss auf die Energieversorgung über Strom, Gas und Fernwärme wollen, um für die Energiewende gewappnet zu sein. Grundlage dafür ist u.a. ein Beschluss des SPD Landesparteitags aus dem November 2010 und auch der Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU. Darum treibt die Koalition und der Senat gegenwärtig auch zwei wichtige Bausteine in diesem Zusammenhang voran:
1. Hat der Senat den Landebetrieb Berlin Energie gegründet. Berlin Energie nimmt an der wettbewerblichen Vergabe der Strom- und Gasnetzkonzessionen nach EnWG (Bundesgesetz) teil und bewirbt sich hier gegen Milliardenkonzerne um den Netzbetrieb ab 2014 (bei Gas) und 2015 (bei Strom). Das Verfahren ist nach europa- und bundesrechtlichen Kriterien streng reguliert. Eine einfache Übernahme der Netzkonzessionen, wie das viele momentan von der öffentlichen Hand erwarten, wäre rechtswidrig und würde daneben auch das laufende Verfahren und nicht zuletzt die Bewerbung des Berliner Mitbewerbers Berlin Energie gefährden. Die SPD stellt sich demnach ausdrücklich nicht gegen das Ziel, sondern das vorgeschlagene Verfahren des Volksentscheids und ich finde es richtig, dass wir die Sache auf solide Beine stellen.
2. Bereitet die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, mit Senator Michael Müller, der sich schon als SPD Landesvorsitzender 2012 für einen stärkeren Einfluss auf die öffentliche Daseinsvorsorge eingesetzt hat, die Gründung eines Berliner Stadtwerks vor. Dieses Stadtwerk soll als Energiedienstleister tätig sein, um einen Beitrag zur Energiewende in Berlin zu leisten. Allerdings gilt auch hier: Zunächst müssen die Hausaufgaben gemacht werden. Wie kann das Stadtwerk wirtschaftlich arbeiten? Wer muss für das Stadtwerk haften? Wie wird die Kontrolle über das Stadtwerk so ausgestaltet, dass das Parlament, als Haushaltsgesetzgeber, nicht bei der Kontrolle und Ausgestaltung des Stadtwerks außen vor bleibt. Auch hier haben wir als Fraktion keine grundlegend andere Zielvorstellung als die Partei oder auch der Volksentscheid. Wir finden aber, dass das Verfahren und auch die Grundlagen gründlich durchdacht und vorbereitet werden müssen. Das sind sie beim Gesetzesentwurf des Energietischs nicht und deshalb haben wir als SPD-Fraktion gesagt, am 3. November mit Nein zu stimmen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit der Beantwortung helfen konnte.
Mit freundlichem Gruss
Ihre Ülker Radziwill