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Frage von Volker Thielmann T. •

Frage an Udo Weiß von Volker Thielmann T. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Weiß,

wie sehen sie in Zukunft die Rolle der Wissenschaft und Forschung?

Mit freundlichen Grüßen

Volker Thielmann

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr Thielmann,

die von Ihnen angesprochene Thematik wird aus meiner Sicht in der aktuellen politischen Diskussion zu wenig beachtet, obwohl sie für die nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft von großer Bedeutung ist.

Wir benötigen kritische Forschung, die in allen Disziplinen langfristige Entwicklungen in den Focus rückt. Das gilt sowohl in der Agrarforschung z. B. bezüglich der Vergiftung des Grundwassers durch Pestizide, Fungizide und Düngemittel.

Das gilt für die Wirtschaftwissenschaften u. a. bei der Aufgabe Lösungsansätze für den Wegfall von ca. 800.000 Arbeitsplätzen pro Jahr in Deutschland ohne soziale Benachteiligung von Arbeitnehmern zu finden. Auch der Abbau der Schuldenspirale, ohne soziale Verwerfungen zu erzeugen, zähle ich dazu.

Die Vergiftung des Wassers in Flüssen und Meeren durch Arzneimittel wäre ebenfalls verstärkt zum Gegenstand von Forschung zu machen.

Die vorherrschend kurzsichtige Sichtweise bei den politischen Weichenstellungen für Forschung und Wissenschaft fängt diese Notwendigkeiten der nachhaltigen Orientierung nicht auf. Im Gegenteil, es sind in den letzten zwei Jahrzehnten durch den Zwang für die Forscher immer mehr Drittmittel zu beschaffen, die Weichen für Wissenschaft und Forschung eher in Richtung kurzfristige Sichtweisen und in Richtung Unternehmensinteressen gestellt worden.

Ein Unternehmen, eine Stiftung oder auch die Quasi öffentlichen Geldgeber verbinden mit Ihren Zuwendungen verständlicherweise überwiegend Forschung, die ihren Interessen entspricht. So gibt es im Pharmabereich kaum noch Forscher, die bereit sind, kritische Forschung zu betreiben, weil sie sonst von der Pharmaindustrie keine Zuschüsse mehr erhalten.

Das Auslesen kritischer Wirtschaftswissenschaftler in den letzten zwanzig Jahren hat zu einer verengten wissenschaftlichen Sichtweise vor allem in den Sozialwissenschaften geführt.

Das marktwirtschaftliche System kann aber nur als soziale Marktwirtschaft erhalten werden, wenn die Wissenschaft Beiträge leistet, wie die selbstzerstörerischen Kräfte der Märkte konstruktiv aufgefangen werden können. Dazu bedarf es kritischer Wissenschaftler.

Ich werde mich als Bundestagsabgeordneter dafür einsetzen, Forschung und Wissenschaft mehr diesen Anforderungen entsprechend auszurichten.

Ich stehe Ihnen gerne für weitere Fragen zur Verfügung und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Udo Weiß