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Torsten Koplin
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Frage von Horst S. •

Frage an Torsten Koplin von Horst S.

Werter Herr Koplin, in Ihrem Wahlkreis liegt der Ort Glasow. In diesem Dorf habe ich mit meinen Eltern bis zum 16. Lebensjahr gelebt. Zu der Zeit lebten in Glasow und Streithof 800 bis 1000 Menschen, darunter viele junge Menschen. Mir ist bekannt, daß die Altersstruktur aussagt, daß es heute kaum junge Menschen gibt, die hier leben. Was können Sie und Die Linke tun, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, damit für junge Menschen ein Leben in diesem Ort wieder möglich ist und der Ort eine Zukunft hat ?
Beste Grüße
H. Sanow

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Sehr geehrter Herr Sanow,

ich bedanke mich für Ihre Anfrage. Damit Glasow und Streithof wieder Orte sein werden, in denen junge Menschen auch nach der Ausbildung ihren Lebensmittelpunkt haben, bedarf es, darin stimmen wir sicherlich überein, einer Politik, die die Entwicklung der gesamten Region und nicht nur weniger Orte bzw. sogenannte Leuchttürme im Blick hat. Die Situation, die sie in Ihrer Fragestellung beschreiben, ist aus meiner Sicht Beleg für eine verfehlte Politik der Bundesregierungen bereits seit 1990. Es zeigt sich, dass die Vereinigung nicht nach dem Gebot des Grundgesetzes vollzogen wurde, gleichwertige Lebensbedingungen in der gesamten Bundesrepublik anzustreben. Vielmehr spielte die Frage nach den jeweils günstigsten Kapitalverwertungsbedingungen eine Rolle. Damit ignoriere ich keinesfalls, was alles an Positivem zu vermerken wäre. Nur: Der bei uns vollzogene "Nachbau West" war die falsche Antwort auf die Herausforderungen eines geeinten Deutschlands. Die bis heute unumgänglichen Transferzahlungen von West nach Ost haben Probleme nicht gelöst, sondern die Abhängigkeit unserer Region manifestiert. Wir haben keinen selbsttragenden Entwicklungspfad einschlagen können. Die Tatsache, dass viele junge Menschen um einer beruflichen Perspektive und um der Existenzsicherung willen abwanderten, ist Folge dieser Politik, die unsere Region wie ein "fünftes Rad am Wagen" behandelte. Und diese Abwanderung junger Menschen, vor allem junger Frauen, die so gesehen ihre Kinder (auch die noch nicht geborenen) mitnehmen, verstärkt zugleich die negativen Wirkungen auf den Lebensalltag derjenigen, die hier wohnen. Andererseits: Unsere Region hat riesige Potenzen. Sie schlummern insbesondere in den Fähigkeiten und Erfahrungen der hier lebenden Menschen, ob jung oder alt.

Was also tun? Eine Veränderung erreichen wir meines Erachtens nur durch ein ganzes Bündel an Maßnahmen und Aktivitäten. Der unumgängliche Umbau unserer Region kann nicht allein ein technischer oder allein wirtschaftlicher sein, sondern wäre notwendigerweise ein gesellschaftlicher. Wir sollten folgendes tun:

1. Die Kapazitäten der industriellen Forschung und Entwicklung zum Tragen bringen. Das würde bedeuten, Forschung und Entwicklung der Universitäten und Hochschulen der Region (grenzüberschreitend) zu verstärken und zu vernetzen. Absolventen dieser Bildungseinrichtungen müssen Rahmenbedingungen vorfinden, die so gut sind, dass sie hier in der Region bleiben und ihre Ideen und Vorhaben verwirklichen. Das ist möglich, denn so manches Projekt, das ich mir in Technologiezentren unseres Landes angeschaut habe, könnte auch genauso gut an anderen Orten umgesetzt werden. Aber aus bestimmten Gründen, hat es die Akteure hier gehalten. Wenn das in solchen Fällen bereits gelungen ist, warum dann nicht auch in solchen, die unserer Region zugute kommen werden?

2. Wir brauchen eine Neu- und Re-Industrialisierung der Region. Dabei können wir auf bereits bzw. noch vorhandene spezielle Kompetenzen setzen. Entwicklungsmöglichkeiten sehe ich in den Bereichen der Umwelttechnik, wie beispielsweise der Photovoltaik und regenerativer Energien. Weitere Bereiche, die Zukunftsfelder darstellen, sind Biotechnologie, Medizintechnik, Nanotechnologien und Recyclingtechnik. Hier sehen Experten weltweit Wachstumspotentiale.

3. Im engen Zusammenhang hiermit gilt es, eine Investitionsförderung für die Einführung neuer Produkte und Technologien vorzunehemen. Neben diesen, der originären Wirtschaft zuzuordnenden Vorhaben, müssen die Potenzen in den Bereichen der Kultur, der Bildung und des Sozialen genutzt werden. Vor wenigen Tagen wurden drei kulturelle Projekte des Uecker-Randow-Kreises im Rahmen der Initiative "Land der Ideen" ausgezeichnet. Im Übrigen drei von bundesweit dreihundertfünfundsechzig. Allein dies veranschaulicht, was wir zu bieten haben, was ausbaufähig ist, was unser Leben bereichern kann und zugleich Arbeitsplätze schaffen würde. Ähnliches ließe sich zur Bildung oder der Arbeit der sozialen Einrichtungen, der Vereine und Verbände sagen.

All das Gesagte zusammen, und einiges mehr, sollte im Konzept einer sozial-ökologischen Modellregion gebündelt und dann umgesetzt werden. Natürlich kostet dies Geld. DIE LINKE hat ein Steuerkonzept entwickelt, das jährlich 160 Mrd. Euro Steuermehreinnahmen bringen würde. Geld aus dieser Quelle (und es bedürfe nur eines Bruchteils der besagten Summe) kann genutzt werden, um das Projekt dieser Modellregion zu einem großen Teil zu finanzieren. Dieses Geld wäre allemal besser angelegt, als die 4,6 Mrd. Euro, die die Bundesregierung dem Magna-Konzern zur Übernahme von Opel gegeben hat, die dieser wiederum nutzt, um 4000 Beschäftigte rauszuschmeißen und wovon 170 Millionen Euro postwendend im Ausland investiert werden.

Die Antwort, Herr Sanow, ist wohl etwas lang ausgefallen, aber für komplexe Zusammenhänge gibt es selten einfache Antworten.

Mit freundlichen Grüßen

Torsten Koplin

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