Frage an Tom Koenigs von Stephan N. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Koenigs,
steht die Behandlung der Contergangeschädigten in der Bundesrepublik Ihrer Meinung nach im Einklang mit der UN - Resolution für die Rechte Behinderter Menschen?
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Nuding
Sehr geehrter Herr Nuding,
auf Ihre kurze Frage eine kurze Antwort: nein!
Ihre ebenso berechtigte nächste Frage wird sicher sein: „Was machen Sie, um Abhilfe zu schaffen“? Darauf ist meine Antwort etwas ausführlicher und von meiner politischen Orientierung als Mitglieder der Grünen geprägt: Die UN-Resolution für die Rechte behinderter Menschen ist seit 2009 in der Bundesrepublik in Kraft. Der Zweck der Konvention ist es, den „vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern.“ (Artikel 1) Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat einen Aktionsplan vorgelegt, um die Behindertenrechtskonvention in diesem Sinne umzusetzen. Sie schlägt darin Maßnahmen vor, um die „Lebens- und Behandlungssituation von contergangeschädigten Menschen“ zu verbessern. Nordrhein-Westfalen fördert „Peer-to-Peer"-Programme, d.i. ein „professionelle[s] Helfersystem“, um contergangeschädigte Menschen zu begleiten und zu betreuen. Das halte ich für einen guten Anfang. (http://www.mais.nrw.de/08_PDF/003/121115_endfassung_nrw-inklusiv.pdf - S. 153) Es geht auch über das hinaus, was die Bundesregierung in ihrem nationalen Aktionsplan als einzige Maßnahme vorgeschlagen hat: Ein Forschungsprojekt zur Lebenssituation contergangeschädigter Menschen. Das haben wir GRÜNEN schon lange gefordert. (http://www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/a740-aktionsplan-bundesregierung.html - S. 189) Nun liegen endlich Forschungsergebnisse vor. Ich möchte auf eine Rede meines Kollegen Markus Kurth, Sprecher für Sozial- und Behindertenpolitik der GRÜNEN im Bundestag, verweisen. (http://markus-kurth.de/Behindertenpolitik-Details.35+M55902cbd238.0.html) „Die Forderung der Grünen Fraktion, im Rahmen einer Studie die Bedarfe genau zu ermitteln, damit auf dieser Grundlage über weitere Verbesserungen entschieden werden kann, wurde von der damaligen Bundesregierung aufgegriffen und eine Studie an der Universität Heidelberg in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse, die uns aus dieser Studie vorliegen, sind zwar erst vorläufig, dafür aber umso deutlicher: Ungedeckte Bedarfe belasten Contergangeschädigte in einem Ausmaß, das fast nicht vorstellbar ist, wenn man nicht täglich damit lebt. Fast 85% der Befragten leiden an Schmerzen, ihre Bedarfe an Medikamenten, Hilfsmitteln, rehabilitativen Maßnahmen und physikalischer Therapie sind in großen Teilen nicht gedeckt. Nur wenige sind finanziell in der Lage, sie in Eigenleistung zu finanzieren. Der Bedarf an Assistenz im Alltag wird zunehmen, er ist bereits jetzt nicht ausreichend gedeckt. Ein bemerkenswerter Teil der Geschädigten kann aufgrund der Schädigung und mangelnder Versorgung nicht mehr arbeiten, entsprechend bestehen Verdienstausfälle.“ Ich schließe mich der deshalb Forderung meines Kollegen an, „auf Grundlage der Ergebnisse der Heidelberger Studie die ‚Conterganrenten‘ zu erhöhen.“
Mit freundlichen Grüßen
Tom Koenigs