Frage an Tom Koenigs von Helma K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Koenigs!
Am 19.12.2012 „ ist eine geheime Expertenanhörung geplant,nicht einmal Abgeordnete dürfen dort zuschauen.“(1) Sind denn „psychisch kranke“ Menschen, Menschen 2. Klasse? Warum sollen Sie, anders als andere Chronisch Kranke wie Diabetiker o. Schwerkranke wie Krebskranke, nicht über ihre medizinische Behandlung entscheiden dürfen? Kaum urteilte das BVerfG gegen eine (folgenträchtige) Zwangsbehandlung psychiatrischer Patienten (3), so wird schon wieder eiligst u. heimlich über Sonderregelungen (1, 2) beraten, die „Psychisch Kranken“ profunde Grundrechte entziehen sollen (5, 6) u. letztendlich in vielen Fällen dauerhaft Leid zufügen (Traumata durch Zwang u.Gewalt, schwere dauerhafte u. lebensverkürzende körperliche Schäden durch Psychopharmaka).(4)
Expertenanhörung: Die Unterschrift unter die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist schon am Verblassen. Aber gegen die Zusicherung der Grundrechte auch für „psychisch kranke“ Menschen schreien laut auf: Psychiater (Sie brauchen den Job) u. Angehörige (Sie brauchen Ihre Ruhe).
Werden Sie sich als Bundestagsabgeordneter u. Vertreter der Demokratie u.Freiheit stark machen für Menschen ohne Lobby, dass auch Ihre Grundrechte auf Freiheit u. körperliche Unversehrtheit, Ihre persönlichen Entscheidungen, Ihr Wille u. Ihre Patientenverfügungen respektiert werden? Informieren Sie sich bei den Betroffenen (Experten) u. setzen Sie sich gegen eine Wiedereinführung der Zwangsbehandlung ein? Werden Sie sich hier für offene Gesetzgebungsverfahren einsetzen?
Ich hoffe auf Ihren Einsatz u. eine persönliche Antwort
1. http://linksfraktion.de/pressemitteilungen/abgeordnete/zwangsbehandlung-hau-ruck-ruck-zuck-ersetzen-macht-nichts-besser/ )
2. http://www.bmj.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2012/20121107_Betreuungsrecht.html?nn=2720766
3. 2 BvR 822/09, 2 BvR 633/11
4. http://www.bpe-online.de/verband/rundbrief/2007/3/aderhold.htm
5. http://tinyurl.com/cesn5ed
6. http://www.patverfue.de/handbuch/zwangspsychiatrie
Sehr geehrte Frau Kabuth,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Zwangsbehandlung.
Wir glauben nicht, dass wir vollständig auf Zwangsbehandlungen verzichten können. Als ultima ratio sind sie in manchen medizinischen und psychiatrischen Konstellationen zum Schutz eines Patienten nicht zu vermeiden. Sie dürfen aber nur letztes Mittel sein. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat ausdrücklich betont, dass ein solch schwerer Eingriff in Grundrechte nur erfolgen darf, wenn weniger eingreifende Maßnahmen aussichtslos sind. Doch für die dafür notwendige eingehende Auseinandersetzung mit den Patienten fehlen in den Einrichtungen oft das Konzept, die Zeit oder schlicht das Personal. Folge ist dann die zwangsweise Medikation. Wer das ändern will, muss die strukturellen, personellen und finanziellen Bedingungen in den Kliniken verbessern. Dazu zählen zum Beispiel Rückzugsräume, deren Vorhaltung sich auch im Entgeltsystem niederschlagen muss. Wichtig sind auch Nachsorgeangebote unter Einbeziehung von Psychiatrieerfahren und Angehörigen psychisch Kranker, die darauf ausgerichtet sind, das Auftreten einer psychischen Krise frühzeitig zu erkennen. Darüber hinaus brauchen wir dringend den Ausbau neuer Formen der akuten Krisenhilfe, um Patienten, die eine medikamentös gestützte Behandlung ablehnen, Alternativen anbieten zu können.
Zu dem von Ihnen angesprochenen Verfahren der Gesetzesänderung:
Tatsächlich wollte die Bundesregierung die entsprechenden Regelungen ohne ausführlichen Beratungsprozess im Bundestag beschließen lassen. Das haben wir gemeinsam mit den anderen Oppositionsfraktionen verhindern können. Stattdessen wird nun am 10. Dezember eine öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses zum Thema stattfinden. Zu dieser Anhörung werden auch Vertreter der Psychiatrieverbände und Psychiatrieerfahrenen eingeladen werden. Wenn Sie teilnehmen wollen, können Sie sich beim Rechtsausschuss anmelden. Nähere Informationen erhalten Sie über folgenden Link: http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoerungen/index.html
Mit freundlichen Grüßen
Tom Koenigs