Frage an Tom Koenigs von Helene und Dr.Ansgar K. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Tom Koenigs, MdB!
Nach den dramatischen Ereignissen am Karfreitag im Bezirk Kundus in Afghanistan - und den neuerlichen 4 toten deutschen Soldaten – nennen selbst die Bundeskanzlerin und der Verteidigungsminister die militärische Auseinandersetzung mit den sogenannten ´Aufständischen´ in Afghanistan Krieg. An Sie als Befürworter des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan haben wir dazu eine Frage: Ist nach Ihrer Meinung Kriegsführung mit dem Mandat vereinbar, das Sie der Bundeswehr für Afghanistan erteilt haben? Der Militäreinsatz der NATO in Afghanistan soll offiziell der Stabilisierung des Landes unter der Regierung Karsai dienen. Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die Äußerung Karsais, die sinngemäß lautet: Wenn die Westmächte sich weiterhin in die inneren Angelegenheiten Afghanistans einmischen, werde ich mich den ´Aufständischen´ anschließen?
In Erwartung Ihrer Antwort
Ansgar Klein
Sehr geehrter Herr Klein,
ob man den Einsatz Krieg nennt oder einen nicht-internationalen bewaffneten Konflikt, ändert an der Sache nichts: Das internationale Recht macht hier keinen Unterschied. Der UN-Sicherheitsrat hat beschlossen, dass die internationalen Soldaten jedes notwendige Mittel anwenden dürfen, um Afghanistan dabei zu unterstützen, Sicherheit zu gewährleisten. Die Bundestagsmandate setzen diesen internationalen Auftrag um, weswegen juristisch auch militärische Operationen meines Wissens vom Mandat gedeckt sind.
An einem Punkt wäre ein neues Mandat aber sinnvoll: Die zivilen Komponenten des Einsatzes sollten stärker betont und differenzierter dargestellt werden. Trotz der Gefechte werden zurzeit nur knapp zehn Distrikte im Einsatzgebiet der Deutschen als sehr unsicher eingestuft. In Nordafghanistan kann also durchaus ziviler Aufbau betrieben werden, wie die Region um Faizabad zeigt. Auch müsste das Mandat generell konkreter formuliert sein, damit es eine belastbare Grundlage für die Akteure in Afghanistan sein kann. Ich hätte mir beispielsweise gewünscht, dass der "Strategiewechsel" (Guttenberg) systematischer im Mandat ausgearbeitet worden wäre.
Den Ansatz der aktuellen Isaf-Strategie halte ich aber für nachvollziehbar: Man will keine No-Go-Areas mehr tolerieren. Wenn früher Gebiete von Aufständischen kontrolliert wurden, hat man diese Regionen mehr oder minder ignoriert. Jetzt versucht man, diese Regionen wieder für Aufbau zu öffnen, auch wenn es dabei zu mehr Gefechten mit Aufständischen kommt.
Karzai provoziert zurzeit häufig den Westen, um seiner Wählerschaft zu demonstrieren, dass er nicht von US-amerikanischen Weisungen abhängt. Seine Aussage war rhetorisch überspitzt, betrifft aber ein ganz reales Problem: Afghanistan soll ein unabhängiger, stabiler Staat werden. Um die Stabilität zu erreichen, so ist bislang die Auffassung der internationalen Gemeinschaft, muss die Eigenständigkeit Afghanistan noch eine Zeitlang eingeschränkt werden. Karzais Aussage sollte seine Forderung unterstreichen, dass es den internationalen Truppen nur nach Zustimmung der lokalen Bevölkerung erlaubt sein kann, große militärische Operationen durchzuführen. Karzais Provokationen zeigen, dass die afghanische Regierung selbstbewusst genug ist, sich um die afghanische Unabhängigkeit zu kümmern.
Mit freundlichen Grüßen, auch an die weiteren Mitglieder Ihrer Würselener Initiative für den Frieden,
Tom Koenigs