Frage an Tom Koenigs von Nele R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Hallo Herr Koenigs,
mich interessiert, wie Sie zu einem bedingungslosen Grundeinkommen / Bürgergeld stehen und wie ein solches Modell, falls Sie es befürworten, für Sie aussehen könnte.
Besten Dank und viele Grüße,
Nele Rueckert
Hallo Frau Rückert,
vielen Dank für Ihre Frage.
Vielleicht haben Sie ja die Diskussion verfolgt, die DIE GRÜNEN um die Frage des bedingungslosen Grundeinkommens geführt haben: ein ganzes Parteitags-Wochenende haben die, die dafür waren und die, die stattdessen für eine bedarfsgerechte Grundsicherung eintraten, intensiv das Für und Wider des einen oder des anderen Konzepts erörtert.
Die grüne Grundsicherung, die schließlich programmatisch beschlossen wurde, knüpft die Zahlung einer sozialen Grundsicherung weiterhin an die Bereitschaft, der Gesellschaft - wenn dies möglich ist - auch etwas zurückzugeben. Vor allem aber geht die soziale Grundsicherung von der Vorstellung aus, dass die Gesellschaft immer wieder und gegenüber jedem und jeder die Verpflichtung hat, ihn oder sie am sozialen und Arbeitsleben teilhaben zu lassen und daß diese Verplichtung auch nicht erlischt, wenn eine Grundsicherung (oder ein Grundeinkommen) gewährleistet ist.
Gesellschaftspolitisch sind das zwei sehr verschiedene Konzepte: einmal bedingungslose Mindestversorgung vom Staat oder gezielte Unterstützung zur Reintegration in soziales Leben und die Arbeitsgesellschaft, wo das möglich ist. (Wo das nicht möglich ist, wie z.B. bei arbeitsunfähigen und alten Menschen, unterscheiden sich die Modelle nicht).
Ich glaube, das Prinzip der Teilhabe, das auch im Wahlprogramm der GRÜNEN "Der neue grüne Gesellschaftsvertrag" ausführlich dargelegt und detailliert wird, ist der entscheidende Punkt. Nichtdiskriminierung, Integration, Zusammenarbeit, gemeinschaftliches Tragen der Lebensrisiken, Zusammenführen der Gesellschaft sind die hinter der grünen Grundsicherung stehenden Vorstellungen. Das leuchtet mir ein.
Vor allem in den letzten Jahren haben wir zu wenig getan, einem Auseinanderfallen der Gesellschaft entgegenzuwirken, Auseinanderfallen in solche, die im Überfluß leben und solche, die hoffnungslos arm sind oder in solche, die Arbeit haben und am gesellschaftlichen Prozeß teilnehmen und solche, die diskriminiert und ausgeschlossen bleiben. Deshalb müssen wir viel mehr in die gesellschaftliche Integration investieren, mehr Gedanken, Kräfte, Ideen und Personal aber auch mehr Geld.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meinen Standpunkt erläutern.
Mit freundlichen Grüßen,
Tom Koenigs