Bild zeigt Kandidaten Tim Detzner in einem blauen Hemd, mit Brille. Er lächelt.
Tim Detzner
DIE LINKE
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Frage von Karsten S. •

Frage an Tim Detzner von Karsten S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Detzner,

vor der Landtagswahl in Sachsen möchte ich Ihnen gern einige Fragen senden. Um so zu erfahren, inwieweit die Linke auf die hohe Messlatte der sozialen und energiepolitischen Herausforderungen vorbereitet ist.

1. Wie lautet das Ziel der Partei bezüglich der künftigen Zahl der Abgeordnetenmandate? In den letzten Jahren ging es stetig bergab (31 - 29 - 27)?

2. Sie haben den Listenplatz 30. Was heißt das für den Wähler? Wenn Die Linke ihr Wahlergebnis von 2014 von 27 auf 29 verbessern sollte, heißt das dann automatisch, dass Sie nicht mit dabei sind?

3. Gibt es eine Anwesenheitsliste der letzten Jahre über die Teilnahme von Abgeordneten ihrer Fraktion an den Plenar- Sitzungen? Es ist immer wieder zu beobachten, dass Plätze frei sind und die vom Bürger gewählten und bezahlten Abgeordneten anderen Tätigkeiten nachgehen?

4. Warum gibt es eigentlich in Sachsen kein eigenes Bauministerium? Derzeit ist wohl das - so überaus wichtige Resort - beim Innenminister angesiedelt? Von Herrn Wöller hört man da nicht viel? Wie schätzen Sie diesen Fakt ein und was wollen Sie daran im Fall einer Regierungsbeteiligung ändern?

5. Welche künftigen Koalitionen schließen Sie generell aus?

6. Welche aktuellen Zahlen bezüglich Kinderarmut in Sachsen liegen Ihnen im Vergleich zum Gesamtbundesgebiet vor und wie wollen Sie dieser Entwicklung entgegentreten?

7. In der Studie Bundländervergleich erneuerbarer Energien von 2017 belegt der Freistaat Sachsen einen müden Platz 12 von 16. Es belegt somit, dass die Anstrengungen unserer derzeitigen Regierung nicht annähernd ausreichen, um die von der Bundesregierung gesetzten klimapolitischen Ziele zu erreichen. Mit welchen Mitteln wollen Sie und ihre Partei die Aufholjagd starten?

Die Frage 8 darf noch gesellt werden? Wann wird der Chemnitzer Südring bis zur Autobahnauffahrt Chemnitz OST fertig?

Freundliche Grüße

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr S.,

gern beantworte ich hiermit Ihre Fragen vom 11.08.. Entschuldigen Sie
bitte die späte Antwort.
.
1. Wie lautet das Ziel der Partei bezüglich der künftigen Zahl der
Abgeordnetenmandate? In den letzten Jahren ging es stetig bergab (31 -
29 – 27)?

Wir kämpfen um jede Stimme, für ein gutes Wahlergebnis und ich bin mir
sicher, dass auch im 7. sächs. Landtag eine starke LINKE-Fraktion sitzen
wird. Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn sich auf eine
Wunschmandatszahl festzulegen. Denn die Sitzverteilung hängt u.a. stark
davon ab, ob es Überhang- und Ausgleichsmandate gibt, also davon wie die
Direktmandate verteilt sind.

2. Sie haben den Listenplatz 30. Was heißt das für den Wähler? Wenn Die
Linke ihr Wahlergebnis von 2014 von 27 auf 29 verbessern sollte, heißt
das dann automatisch, dass Sie nicht mit dabei sind?

Ja ein Listenplatz 30 ist nicht Platz 10 oder 20 aber das ist auch nur
begrenzt relevant. Alle LINKE-Kandidat*innen streiten gemeinsam als Team
für Veränderungen in diesem Land und dabei versuchen wir nah dran an den
Menschen zu sein. Wir hören zu, schauen genau hin wo es klemmt und
diskutieren gern unsere Vorschläge, wie wir Sachsen sozialer,
demokratischer und gerechter machen können.
Laut dem Portal election.de, das auf Grundlage der Auswertung vieler
Umfragen, Wahlergebnisse u.a. Daten, eine Prognose zur
Gewinnwahrscheinlichkeit für alle Wahlkreise errechnet hat, liegt im
Wahlkreis Chemnitz 3 DIE LINKE mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit (nicht
Ergebnisvorhersage) von 32% auf dem zweiten Platz, noch vor der CDU. Und
in diesen politisch turbulenten Zeiten ist alles möglich, zumal schwarz
und blau zwei Seiten derselben Medaille sind. Wer eine starke
progressive Kraft im Landtag haben will, sollte mit beiden Stimmen DIE
LINKE wählen.

3. Gibt es eine Anwesenheitsliste der letzten Jahre über die Teilnahme
von Abgeordneten ihrer Fraktion an den Plenar- Sitzungen? Es ist immer
wieder zu beobachten, dass Plätze frei sind und die vom Bürger gewählten
und bezahlten Abgeordneten anderen Tätigkeiten nachgehen?

Wie die Verteilung der Anwesenheit der verschiedenen Abgeordneten
konkret aussieht kann ich nicht sagen. Aber das Problem, dass hinter der
wahrnehmbaren teilweisen Abwesenheit von Abgeordneten während der
Plenarsitzungen steht, ist meines Erachtens nicht etwaiges Desinteresse
oder gar Arbeitsverweigerung seitens der Abgeordneten.
Es findet auch im sächsischen Landtag quasi keine parlamentarische
Willensbildung im Plenarsaal statt. Die Willensbildung findet in
Fraktionen, Parteien, bürokratischen Apparaten und zumindest z.T. in den
Ausschüssen, also im wesentlicher unter Ausschluss der Öffentlichkeit
statt. Alles was im Parlament passiert, ist den zum Wahltag bzw. durch
die Regierungsbildung festgelegten Mehrheitsverhältnissen unterworfen.
Damit geht es nur noch darum die eigenen Argumente auf der Showbühne des
Parlamentes zu präsentieren und nicht darum die anderen Abgeordneten zu
überzeugen, um gemeinsam nach der besten Lösung zu suchen. Die Debatten
sind trotzdem sehr wichtig aber es passiert eben parallel dazu noch eine
Menge mehr….
Die sächsische Demokratie kann einen kräftigen Schub vertragen. Neben
besseren Mitbestimmungs- und Beteiligungsmöglichkeiten, mehr Transparenz
und demokratischer Kontrolle, gehört die Stärkung parlamentarischer
Willensbildung für mich dazu.

4. Warum gibt es eigentlich in Sachsen kein eigenes Bauministerium?
Derzeit ist wohl das - so überaus wichtige Resort - beim Innenminister
angesiedelt? Von Herrn Wöller hört man da nicht viel? Wie schätzen Sie
diesen Fakt ein und was wollen Sie daran im Fall einer
Regierungsbeteiligung ändern?

Die Bereiche Bau, Landesentwicklung und Kommunalpolitik nehmen in in der
äußeren Wahrnehmung der Arbeit des SMI (Staatsministerium des Innern)
sicher keinen großen Stellenwert ein, sind aber, wie sie richtig
feststellen, Bereiche in den wichtige Weichenstellungen für die
Entwicklung Sachsens vorgenommen werden. Ob ein andere Ressortaufteilung
die Probleme in diesen Bereichen lösen würde, kann ich nicht vollständig
beurteilen, bezweifle es aber stark.
Es kommt auch hier auf einen Politikwechsel an, um eine ausgewogenere
Entwicklung zwischen Stadt- und Land, eine andere Wohnungspolitik mit
einem Neustart beim sozialem Wohnungsbau, klarere Regelungen für
nachhaltige Entwicklung uvm. zu erreichen.

5. Welche künftigen Koalitionen schließen Sie generell aus?

Auch wenn es nach einer abgedroschenen Politikerfloskel klingt, die vor
Wahlen immer interessant erscheinende Frage nach Koalitionsoptionen oder
Auschließeritis bringt eigentlich Keinen weiter. Für uns kommt es darauf
an, wieviel von unseren politischen Ideen und Forderungen wir mit
welchen Partnern umsetzen können. Mit rechten Parteien und Neonazis
arbeiten wir nicht zusammen. Wir streiten für Mehrheiten die einen
sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft ermöglichen.

6. Welche aktuellen Zahlen bezüglich Kinderarmut in Sachsen liegen Ihnen
im Vergleich zum Gesamtbundesgebiet vor und wie wollen Sie dieser
Entwicklung entgegentreten?

Die allgemeine Armutgesfährungsquote liegt in Sachsen (Bezug Jahr 2018)
bei 16.6 % (Deutschland: 15.5 %). 
In Sachsen lebten rund 118.000 Kinder (rund 20 Prozent der Kinder) in
Haushalten, die von Sozialleistungen abhängig sind (siehe Kleine Anfrage
„Sozialleistungen an Kinder 2018", Parlaments-Drucksache 6/17391,
und Kinderzuschlag-Statistik der Arbeitsagentur) und damit mehr als im
Bundesschnitt.
Viele nötige Stellschrauben gegen Kinderarmut - wie die Einführung einer
Kindergrundsicherung - müssen vom Bundestag gefällt werden. Aber auch in
Sachsen können wir etwas tun: Wir wollen bspw. echte Lernmittelfreiheit
(notwendige Schulmaterialien müssen gestellt werden), ein kostenfreies
Mittagessen an Schulen und auch kostenfreie Schülerinnen- und
Schülerbeförderung einführen.
Diese Maßnahmen dienen dazu sanktionsfrei vor allem Familien mit
geringen und mittleren Einkommen zu entlasten. Es kann nicht sein, dass
die Tatsache Kinder zu haben, eines der größten Armutsrisiken in unserer
Gesellschaft ist.

7. In der Studie Bundländervergleich erneuerbarer Energien von 2017 
belegt der Freistaat Sachsen einen müden Platz 12 von 16. Es belegt 
somit, dass die Anstrengungen unserer derzeitigen Regierung nicht 
annähernd ausreichen, um die von der Bundesregierung gesetzten 
klimapolitischen Ziele zu erreichen. Mit welchen Mitteln wollen Sie und 
ihre Partei die Aufholjagd starten?

Wir wollen den Ausbau erneuerbarer Energieträger in Sachsen zur Strom-
und Wärmeerzeugung massiv fördern. Hierfür setzen wir auf Sonne, Wind,
Biomasse, Wasser und Erdwärme, um den Energieträger Kohle rasch
abzulösen. Ziel ist es, dass der sächsische Bruttostromverbrauch
vollständig von diesen Energieträgern gedeckt werden kann. Wir wollen
einen ökologisch sinnvollen Mix verschiedener Energieformen erreichen,
mit dem wir die Stromversorgung sicherstellen und der Strom bezahlbar
bleibt.

Dafür werden wir den Klimanotstand für Sachsen ausrufen und ein modernes
Klimaschutzgesetz für Sachsen auflegen, welches auf der Grundlage einer
aktuellen Potenzialstudie ambitionierte Ausbauziele für erneuerbare
Energie beschreibt und Maßnahmen zur schrittweisen Umsetzung festlegt.
Darin eingeschlossen sind die Förderung von Speichertechnologien ebenso
wie Netzausbau-, Energieeffizienz- und Einsparinitiativen. Dabei setzen
wir auf die intelligente Steuerung von Erzeugung und Verbrauch
(virtuelle Kraftwerke) und Sektorenkopplung. Weiterhin wollen wir
erneuerbare Wärmekonzepte entwickeln, die die Nutzung von
Erdgaskraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung als Brückentechnologie
beinhalten. Die Umsetzung und Evaluierung des Klimaschutzgesetzes soll
durch einen Klimabeirat aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft
unterstützt werden.

Zur Erhöhung der Akzeptanz von erneuerbaren Energien legen wir ein
Gesetz zur Demokratisierung des Energiesektors vor, welches die
Beteiligung von Bürger*innen und/oder Kommunen an Investitionen
festschreibt und vereins- oder genossenschaftliche Betreiberinitiativen
fördert. Die sächsische Energieagentur SAENA soll dabei entsprechende
Kompetenzen und Ressourcen erhalten, um diese Ziele zu erreichen.

Aus Klimaschutzaspekten werden wir erforderliche
Energieeffizienzmaßnahmen in Gebäuden durch erneuerbare Energien und
nicht durch die Neuinstallation von fossilen Heizungsanlagen fördern und
gleichzeitig eine Verdrängung oder übermäßige finanzielle Belastungen
der betroffenen Mieterinnen und Mieter verhindern. Zugleich werden wir
Vorkehrungen und Maßnahmen ergreifen, die den Stromverbrauch in
Haushalten im Freistaat Sachsen senken und Strompreissteigerungen nicht
einseitig auf den Rücken der Ärmsten abladen. Dazu werden wir ein Verbot
von Stromabschaltungen durchsetzen und durch eine Abwrackprämie für alte
Haushaltsgeräte den Stromverbrauch senken. Neue Gebäudedämmungen werden
wir nur noch mit nachhaltigen Dämmstoffen zulassen und die Zuschüsse für
die Kosten der Unterkunft für einkommensarme Haushalte sowie das
Wohngeld erhöhen.

Für uns steht der Anspruch, dass die Beschäftigten im Kohletagebau oder
Kraftwerk im Zuge des Strukturwandels nicht "ins Bergfreie fallen".
Insbesondere in der Lausitz werden die gut ausgebildeten Fachkräfte der
Energiewirtschaft dringend gebraucht – auch für neu entstehende
Wirtschaftszweige rund um erneuerbare Energien.

Sachsen sollte ferner für und mit Regionen in vergleichbarer Lage (z. B.
auch gemeinsam mit Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Tschechien, Polen)
Pilotprojekte im Übergang von der Braunkohleförderung und -verstromung
zu erneuerbaren Energien forcieren.

Die Frage 8 darf noch gesellt werden? Wann wird der Chemnitzer Südring
bis zur Autobahnauffahrt Chemnitz OST fertig?

Nach meinem bisherigen Kenntnisstand sollen die Bauarbeiten an dem
Abschnitt Augustusburger Str. - Frankenberger Straße (B169) 2021
beginnen und bis ca. 2025 dauern. Die Vorbereitungen für den letzten
Abschnitt bis zur A4 (Chemnitz Ost) sind noch lange nicht abgeschlossen.

DIE LINKE wird sich dafür einsetzen, alle Planungs- und
Ausführungsmaßnahmen so weit möglich zu beschleunigen, da die Schließung
des Rings im Nordosten eines der wichtigsten Verkehrsprojekte für
Chemnitz ist und maßgeblich dazu beitragen wird, innerstädtische
Wohngebiete wie Gablenz und den Sonnenberg vom Durchgangsverkehr zu
entlasten.

Dennoch kann es in den nächsten Jahrzehnten nicht primär um den Ausbau
des Straßennetzes gehen. Die Reduzierung des motorisierten Verkehrs, die
Vermeidung des LKW-Verkehrs und dessen Verlagerung auf die Schiene
einerseits und die Stärkung des Umweltverbundes aus Fahrrad-, Fußgänger-
und öffentlichem Verkehr plus wasserstoffgetriebener Elektromobilität
andererseits müssen meines Erachtens schnellstmöglich vorangebracht
werden.

Mit freundlichen Grüßen
Tim Detzner