Dr. Till Backhaus
Till Backhaus
SPD
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Frage von Maria R. •

Frage an Till Backhaus von Maria R. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Minister Backhaus,

über Ihr Ministerium wurden Fördermittel der EU aus dem Ausrichtungs- und Garantiefond für die Landwirtschaft (EAGFL) für den Bau von Kläranlagen und Kanalisation im ländlichen Raum ausgereicht.
Wenn Sie nun die Situation im Land betrachten, sind Sie der Ansicht, dass diese Entscheidung richtig war?
Hat dadurch eine Stärkung des Dienstleistungsangebots im ländlichen Raum, Unterstützung der lokalen Wirtschaft, Förderung des Fremdenverkehrs und Handwerks usw. (wie vorgesehen) stattgefunden?
Wie werden Sie verhindern, dass in der nächsten Legislaturperiode jemand, den wir eigentlich nicht wollen, sich wirklich für die Belange der Menschen im ländlichen Raum einsetzt?
Wissen Sie, dass in M-V weit über die Hälfte der Bevölkerung im dünnbesiedelten ländlichen Raum lebt?

Mit freundlichen Grüßen
Maria Rosemeyer

Dr. Till Backhaus
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Rosemeyer,

ich danke Ihnen für Ihre Fragen. Gerne möchte ich Ihnen antworten.

Über die im Verantwortungsbereich des Landwirtschaftsministeriums liegende „Richtlinie zur Entwicklung der ländlichen Räume“ vom 20.12.1994 (Amtsblatt Nr. 6, S. 66) wurden unter anderem auch Kleinkläranlagen und Anlagen zur Abwasserbeseitigung gefördert. Es kamen hierfür reine Landesmittel zum Einsatz, d.h. keine Mittel des von Ihnen angesprochenen EAGFL. Diese Richtlinie habe ich allerdings im Jahr 2000 aufgehoben, auch aus Gründen der Effizienz, die Sie in Ihrer Frage bereits in Zweifel gezogen haben. Zur Förderung von Kleinkläranlagen ist mir aber bekannt, dass das Umweltministeriums hier eine Möglichkeit vorhält (Richtlinie „Förderung von Kleinkläranlagen“ vom 25.11.2003, AmtsBl. M-V S. 1164). Genaueres hierzu müssten Sie dort erfahren.

Im Übrigen sind Investitionen in bestimmten infrastrukturellen Bereichen durchaus sinnvoll und notwendig. Gerade in ländlichen Räumen mit niedriger Bevölkerungsdichte wie in großen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns ist die Sicherung einer funktionierenden, möglichst zukunftsfähigen Infrastruktur ohne Unterstützung übergeordneter Instanzen kaum zu gewährleisten. Müssten Kommunen oder Landkreise dies im Rahmen ihrer Eigenverantwortlichkeit auch finanziell selbstständig bewältigen, wären Unterhaltung und Investitionen in infrastrukturelle Einrichtungen nicht zu bewältigen. Immerhin geht es dabei um Straßen, Wege, Wasser-, Gas- und Elektroversorgung, Abwasserentsorgung, Telekommunikation usw. Im weiteren Sinne gehören aber auch Kindergärten und Schulen, Arztpraxen und Pflegedienste, Kultureinrichtungen und Einkaufsmöglichkeiten, öffentlicher Nah- und Regionalverkehr und vieles andere mehr zu einer funktionierenden Infrastruktur, welche die Qualität und den Lebenswert einer Region ausmachen.

Es ist daher vollkommen gerechtfertigt, gerade die ländlichen Regionen, bei denen die Europäische Gemeinschaft daher auch von Konvergenzgebieten (Regionen mit hohem Anpassungsbedarf an das Gemeinschaftsniveau) spricht, in eine umfassende Kofinanzierung derartiger Investitionen mit Mitteln aus den Regionen (in Deutschland die Bundesländer), aber vor allem der Nationalstaaten bzw. der Europäischen Fonds einzubeziehen. Dieser Ansatz wird im Rahmen der nächsten Förderperiode der EU von 2007 bis 2013 mit der sog. ELER-Verordnung noch stärker als bislang verfolgt, wobei das Förderspektrum gerade im Bereich der ländlichen Entwicklung gezielt verbreitert wurde. Hiervon profitiert übrigens Mecklenburg-Vorpommern besonders, wenn wir trotz hoher Transfers der EU in die neuen Beitrittsländer der Gemeinschaft auch in den nächsten sieben Jahren über Fördermöglichkeiten in annähernder Größenordnung wie bisher verfügen werden.

Doch selbst hiermit kann nicht alles finanziert und auch auf Dauer unterhalten werden, was sich der eine oder andere Bürger für seine Region wünschen würde. Es kommt mehr denn je darauf an, die potenziellen Investitionen nach Kriterien wie Notwendigkeit, Tragfähigkeit und Nachhaltigkeit kritisch zu prüfen und nach einer möglichst objektiven Dringlichkeitsrangliste einzustufen. Hier ist mehr denn je auch die Verantwortung der regionalen bzw. lokalen Entscheidungsträger gefragt.

Eine funktionierende Infrastruktur ist sowohl direkt für die gewerbliche Wirtschaft (als sog. harter Standortfaktor) als auch indirekt für die Lebensqualität der in der Region lebenden Beschäftigten (weicher Standortfaktor) unablässig. Gerade für das Bau- und Ausrüstungsgewerbe - auch im Rahmen der Unterhaltung - schaffen bzw. erhalten solche Investitionen zugleich Beschäftigung gerade in kleinen und mittelständischen Firmen in der Region selbst.
Für die erwünschte Stärkung des Dienstleistungsangebots im ländlichen Raum, die Unterstützung der lokalen Wirtschaft und die Förderung von Fremdenverkehr und Handwerk sind Investitionen in infrastrukturellen Bereichen gerade im ländlichen Raum nach wie vor unerlässlich. Hierfür sind vor allem die finanziellen Impulse einer Förderung bedeutsam, wenngleich es gerade hier kein Prinzip der „Gießkanne“ geben darf, sondern eine kritische Auswahl (wie oben genannt). Wünschenswert ist ebenso eine Bündelung der Maßnahmen, um Doppel- oder Parallelförderungen zu verhindern. Hieran wird die Landesregierung weiter mit Hochdruck arbeiten, unter anderem im Zuge der aktuellen Bemühungen um Deregulierung und Entbürokratisierung sowie einer umfassenden Verwaltungsreform.

Liebe Frau Rosemeyer, sie fragten mich weiterhin, inwiefern ich die Bevölkerungsstatistik im ländlichen Raum kennen würde. Es sind sogar rund zwei Drittel der Bevölkerung unseres Bundeslandes, die in sog. ländlichen Regionen leben und zum größeren Teil auch arbeiten. Ich bin mir meiner Verantwortung hierfür, die weit über den Bereich der Land- und Ernährungswirtschaft, der Forsten und der Fischerei hinausgeht, sehr bewusst.

Mit freundlichen Grüßen,

Till Backhaus

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