Wie ist Ihre Position zu ME/CFS und was werden Sie persönlich und Ihre Partei konkret unternehmen, um die bisher gänzlich fehlende EU-Forschung bezüglich ME/CFS breit und intensiv nun nachzuholen?
Am 19.01.2023 fand im Dt. Bundestag eine Debatte zu der körperlichen und schwerwiegenden Erkrankung ME/CFS statt. ME/CFS (G93.3) ist eine in Deutschland seit Jahrzehnten vergessene Erkrankung, obwohl sie häufig ist und stellt eine stille humanitäre Katastrophe in BRD und EU dar. Dies muss nun dringend und schnell beendet werden. Das Leid durch die Erkrankung und das weitere im Stich lassen durch die EU der vielen Betroffenen und Angehörigen ist sehr groß! Nach aktuellem internationalen wissenschaftl. Forschungsstand ist ME/CFS eine schwere, komplexe, häufige, chronische neuroimmunologische Multisystemerkrankung (siehe WHO, CDC, NICE, EUROMENE, RKI, BÄK, Charite Berlin, WD des Dt. Bundestages). Wie ist Ihre Position zu ME/CFS und was werden Sie persönlich und die S&D konkret unternehmen, um die sehr schlechte Situation bei bisher nicht vorhandener Versorgung, nicht stattfindender EU-Forschung und weiter fehlender Anerkennung in BRD und EU schnell und effektiv deutlich zu verbessern?
Sehr geehrter Herr A.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst gilt, dass gemäß Artikel 168 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, die Union die Politiken der Mitgliedsstaaten in diesem Bereich lediglich ergänzt. Die EU klärt dabei nicht nur über Gesundheitsgefahren auf, sondern ist bspw. auch für die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, die Verhütung von menschlichen Krankheiten und die Bekämpfung von schweren und seltenen Krankheiten, die weit verbreitet sind, zuständig. Allerdings dürfen Vorgaben in diesen Bereichen nicht bindend sein.
Das Europäische Parlament hat bereits im Juni 2020 eine Entschließung (2020/2580(RSP) angenommen, in der zusätzliche Fördermittel für die Forschung an ME/CFS gefordert werden. Seitens der Kommission erwarten wir eine Studie die dazu beitragen soll, Erkrankungen im Zusammenhang mit hoher Belastung zu ermitteln, die wie ME/CFS noch nicht ausreichend erforscht sind. Weiterhin fordert das Parlament, dass Forschungsprioritäten festgelegt werden, um den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten besser gerecht zu werden. Ferner hat die EU im Rahmen früherer Rahmenprogramme für Forschung und Innovation mehrere Projekte wie beispielsweise „Help4ME“, „DISCOvERIE“, „VirA“ oder „EUROMENE COST-Maßnahme“ im Zusammenhang mit MF/CSE unterstützt. Diese Bemühungen werden im Rahmen des Horizon Europe Forschungsprogramm der Union, explizit des Cluster Gesundheit, fortgeführt, so dass weitere Projekte im Bereich der ME/CFS Forschung finanziell unterstützt werden.
Seitens der Kommission erwarten wir eine Studie die dazu beitragen soll, Erkrankungen im Zusammenhang mit hoher Belastung zu ermitteln, die wie ME/CFS noch nicht ausreichend erforscht sind. Weiterhin fordert das Parlament, dass Forschungsprioritäten festgelegt werden, um den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten besser gerecht zu werden. Ferner hat die EU im Rahmen früherer Rahmenprogramme für Forschung und Innovation mehrere Projekte wie beispielsweise „Help4ME“, „DISCOvERIE“, „VirA“ oder „EUROMENE COST-Maßnahme“ im Zusammenhang mit MF/CSE unterstützt. Diese Bemühungen werden im Rahmen des Horizon Europe Forschungsprogramm der Union, explizit des Cluster Gesundheit, fortgeführt, so dass weitere Projekte im Bereich der ME/CFS Forschung finanziell unterstützt werden.
Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) überwacht derzeit die wissenschaftliche und graue Literatur zum Zustand nach COVID-19 mit dem Ziel, den Abschnitt zu den klinischen Merkmalen seines Online-Krankheitshintergrunds, zur Hilfestellung von u.a. medizinischem Fachpersonal, zu COVID-19 regelmäßig zu aktualisieren.
Das ECDC wirft auch einen allgemeinen Blick auf die aktuelle Literatur und verfolgt die Arbeit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufmerksam, um eine klinische Falldefinition für Post-COVID-19-Zustände zu entwickeln.
In Bezug auf die Forschung wurde das Projekt ORCHESTRA im Rahmen von Horizont 2020 finanziert. ORCHESTRA versucht Kohortendaten aus ganz Europa und darüber hinaus zu bündeln, um die mittel- und langfristigen Auswirkungen von COVID-19-Infektionen zu messen. Darüber hinaus wurden im Jahr 2021 neue Projekte mit 40 Mio. EUR im Rahmen des HERA-Inkubatoraufrufs finanziert. Diese Projekte werden Patientengruppen verfolgen, um das Risiko sowie die Schutzfaktoren im Zusammenhang mit einer COVID-19-Infektion in verschiedenen Bevölkerungsgruppen besser zu verstehen. Insgesamt wurden finanzielle Mittel in Höhe von 66 Millionen Euro in die verschiedenen Forschungsprojekte investiert.
Die Arzneimittelstrategie für die Union zielt weiterhin darauf ab, ungedeckten medizinischen Bedarf von Patientinnen und Patienten zu decken. Hier wird vor allem die Entwicklung von Arzneimitteln im Fokus stehen für die es keine oder keine ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten gibt.
Mit der Initiative „Innovative Gesundheit“ (IHI) - eine öffentlich-private Partnerschaft (PPP) zwischen der EU und der europäischen Biowissenschaftenindustrie, soll Gesundheitsforschung und -innovation in greifbare Vorteile für Patientinnen und Patienten und die Gesellschaft umgesetzt und sichergestellt werden, so dass die Union an der Spitze der interdisziplinären, nachhaltigen und patientenorientierten Gesundheitsforschung bleibt.
Die Europäische Kommission hat zudem eine Expertengruppe zu Long-COVID ins Leben gerufen, um nationale Expertenzentren zusammenzubringen, die über Möglichkeiten zur Stärkung der Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene gegen Long-COVID beraten. Das Netzwerk bietet eine Plattform für den Austausch nationaler Erfahrungen mit der Diagnose, Behandlung und dem Management von Long-COVID und wird auch Informationen über die Situation in verschiedenen EU-Ländern sammeln. Erste Ergebnisse werden noch in diesem Jahr erwartet.
Für die kommende Legislaturperiode wird es eine der Prioritäten sein, das Thema Long-COVID und auch ME/CFS innerhalb des zukünftigen EU-Forschungsprogramms zu integrieren.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort aufzeigen konnte, dass die EU aktiv die Forschung und Innovation im Bereich von ME/CFS, sowie Post-Covid unterstützt und auch weiterhin vorantreibt, um so betroffenen Patientinnen und Patienten zu helfen.
Mit freundlichen Grüßen
Tiemo Wölken