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Tiemo Wölken
SPD
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Frage von Torsten Z. •

Frage an Tiemo Wölken von Torsten Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Wölken,

Erst wollte ich bei Twitter schreiben, da sie doch digital affiner als die meisten anderen Politiker wirken, weil ich das AW Prinzip aber super finde, dann doch lieber hier.
Da Sie außerdem sicher viel zu tun haben, möchte ich gerne gleich zum Punkt kommen:
Wie bewerten Sie die Auswirkungen der beiden großen Krisen unserer Zeit: Klimaerhitzung und Corona? Im welchen Verhältnis sollten Ihrer Meinung nach die investierten Gelder zueinander stehen und auf welche Berater/Wissenschaftler/Quellen beruhen ihre Annahmen.

Hintergrund: Mir ist klar, dass die Antworten hier keine definitiven belastbaren Aussagen erlauben, aber ich würde mich dennoch über eine Annäherung an solche freuen.
Die BTW steht dieses Jahr ja an und an sich gefällt mir das Parteiprogramm der SPD überraschenderweise (zumindest für mich war es überraschend) sehr. Jetzt geht es mir darum, zu erfahren, wie die Meinungsbildung der Vertreter*innen abläuft.

Besten Gruß,

Familie Zielke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Zielke,

vielen Dank für Ihre prägnante Anfrage.

Es wird Sie nicht überraschen, dass ich der Meinung bin, dass beide Krise existentiell sind und umfassende Antworten benötigen. Diese müssen finanzieller/budgetärer Natur sein, aber natürlich auch in großem Maße regulativ. Kurz gesagt: Wir müssen (auch) gesetzgeberisch Weichen stellen, dass sich klimaneutrales Wirtschaften lohnt und dass wir die Pandemie beenden und weitere verhindern können.
In Bezug auf den Einsatz von Geldern entnehme ich Ihrer Frage die Annahme eines Widerspruchs, den ich so absolut nicht sehen würde. Im Gegenteil sind die Krisen untrennbar verknüpft und müssen zusammen angegangen und abgemildert werden. Vor allem die Gefährdung der Biodiversität durch die Klimakrise (dazu eindrücklich: Kolbert - The Sixth Extinction) ist, zusammen mit dem Vorrücken des Menschen in natürliche Pufferzonen, eine große Gefahr auch für zukünftige Pandemien (s. Bericht des Weltbiodiversitätsrates: https://www.ipbes.net/pandemics), aber auch für weitere ansteckende und nicht ansteckende Krankheiten, was auch in den Klimawissenschaften bekannt ist und prominent betont wird (s. u.a. Schellnhuber: Selbstverbrennung). Auch der Umkehrschluss ist richtig: Globale Pandemiebekämpfung nimmt riesige finanzielle und personelle Ressourcen von den Klima-Transformationsaufgaben vor denen wir stehen, daher ist Geld, das für Pandemieprävention ausgegeben wird, auch Geld gegen die Klimakrise.

Ich denke hingegen, dass wir innerhalb der Problembereiche die Weichen umstellen müssen und dadurch auch Ressourcen mobilieren können: Durch angemessene Bepreisung von fossilen Energien können wir viel Geld für erneuerbaren Energien und andere klimawirksame Maßnahmen aufbringen.

Was den gesundheitspolitischen Aspekt betrifft so müssen dringend mehr Ressourcen in die Hand genommen werden um den steigenden Trend von Arzneimitteln in der Umwelt zu reduzieren. Leider gelangen immer noch viele Rückstände von Arzneimitteln während der Herstellung, Verwendung und auch Entsorgung in die Umwelt (https://ec.europa.eu/health/sites/default/files/scientific_committees/scheer/docs/scheer_s_002.pdf). Besonders besorgniserregend ist dies mit Blick auf die steigende Anzahl antimikrobieller Resistenzen (AMR). Bereits jetzt sterben alleine in der EU mehr als 33.000 Menschen aufgrund multiresistenter Keime. Darüber hinaus wird geschätzt, dass AMR die EU jährlich rund 1,5 Milliarden Euro an Gesundheitskosten und Produktivitätsverlusten kosten wird. Laut einem UN-Bericht könnte AMR bis 2050 sogar den Tod von 10 Millionen Menschen jährlich verursachen.
Da die Bekämpfung von AMR jedoch einen ganzheitlichen Ansatz (Betrachtung Mensch, Tier und Umwelt) benötigt, hat die Europäische Kommission bereits 2017 den Europäischen Aktionsplan zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ veröffentlicht (https://ec.europa.eu/health/sites/default/files/antimicrobial_resistance/docs/amr_2017_action-plan.pdf). Auch die Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA) erkennt an, dass Antibiotikaresistenzen eine zunehmende Bedrohung für die globale Gesundheit, Ernährungssicherheit und nachhaltige Entwicklung darstellen, und betonte die Notwendigkeit, die Rolle der Umweltverschmutzung bei der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen besser zu verstehen. Wie Sie sehen kann, gerade in Bezug zu AMR, der gesundheitliche Aspekt nicht ohne Umwelt und Tierwohl betrachtet werden. Die Sars-CoV-2 Pandemie hat uns an die ernsthafte Bedrohung erinnert, die neu auftretende Infektionskrankheiten für die menschliche Gesundheit und unsere Wirtschaft darstellen können. Die Problematik der multiresistenten Keimen ist seit langem bekannt, dem muss endlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Aus diesem Grund bin ich Vizevorsitzender der Interessensgruppe der Europaabgeordneten gegen AMR beigetreten und verfolge dies sehr intensiv. Weitere Informationen zu meiner Arbeit zur Bekämpfung von AMR finden Sie hier: https://epha.org/amr-interest-group/

Ich würde mich natürlich freuen, wenn Sie der SPD im September die Stimme geben.

Mit freundlichen Grüßen,
Tiemo Wölken

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