Frage an Tiemo Wölken von Luka K. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
Sehr geehrter Herr Wölken,
Die Republik Arzach (veraltet Bergkarabach) ist durch aserbaidschanische und türkische Streitkräfte bedroht. Die EU erkennt Arzach nicht als unabhängige Republik an und scheut den Konflikt mit der Türkei. Nun würde es mich interessieren ob sie als Europa-Abgeordneter dafür sind, dass die EU Arzach anerkennt und Aserbaidschan und die Türkei für ihr handeln verurteilt und sanktioniert. Eine friedliche Lösung des Konflikts hat natürlich Priorität. Um eine solche Lösung zu unterstützen ist es Notwendig, dass die EU Stellung nimmt und sich für die Republik Arzach einsetzt.
Grüße,
L. K.
Sehr geehrter Herr Köller,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Auch wenn ich es begrüße, dass die Waffen nach den wochenlangen Kämpfen schweigen, beobachte ich den Konflikt weiterhin mit großer Sorge. Es gibt noch immer keine langfristige Lösung für die Region Bergkarabach und Armenien und Aserbaidschan stehen sich weiterhin konfrontativ gegenüber. Außerdem sind Konsequenzen für die Türkei erforderlich, deren militärische Einmischung inklusive der Entsendung ausländischer Söldner sowie der Bereitstellung von Drohnen für Aserbaidschan nicht hinnehmbar ist und eine europäische Antwort erfordert.
Die Europäische Union setzt sich für eine politische Lösung mit Übereinkunft beider Konfliktparteien ein. Das heißt jedoch auch, dass ein unabhängiges Arzach nicht gegen den Willen Aserbaidschans durchgesetzt werden kann, da dies zu weiterer Instabilität und Gewalt führen würde. Die EU unterstützt daher den von der OSZE-Minsk-Gruppe geleiteten Friedensprozess, welcher beide Seiten zusammenbringt und zwischen diesen vermittelt. Dieser Austausch muss fortgesetzt werden. Zudem sollte die EU rasche humanitäre Hilfe für die vom Krieg betroffenen Regionen leisten und ein Wiederaufbauprogramm anbieten, das sich auf die Wiederherstellung von Infrastruktur und die Unterstützung Vertriebener fokussiert. Dies kann mit einer Mission zur Überwachung verknüpft werden.
Im Hinblick auf das aggressive Vorgehen der Türkei gab es aus dem Europäischen Parlament bereits die klare Aufforderung an die EU-Kommission, endlich zu handeln. Die EU-Regierungschefs beschlossen allerdings im Oktober auf ihrem Treffen, das Verhalten der Türkei bis Dezember zu beobachten und darauf aufbauend die Beziehungen der EU zur Türkei zu prüfen.
Gleichzeitig bin ich besorgt um die innenpolitischen Entwicklungen in Armenien. Die EU muss klarmachen, dass sie diese Situation genau beobachtet und nur politisches Vorgehen akzeptieren kann, das von der armenischen Verfassung gedeckt wird. Die Fortschritte der Samtenen Revolution von 2018 müssen unbedingt erhalten bleiben.
Der jahrzehntealte Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien kann nicht mit Waffengewalt gelöst werden, ein nachhaltiger Friedensvertrag wird benötigt. Dazu sind die Konfliktparteien Armenien und Aserbaidschan allein jedoch offensichtlich nicht in der Lage. Daher muss der Konflikt weiterhin international von der OSZE begleitet werden, die diesem nicht nur kurzfristig Aufmerksamkeit schenken darf, sondern sich langfristig für eine friedliche Lösung engagieren muss. Zusätzlich braucht es mehr diplomatischen Druck auf die Türkei, welcher auch wirtschaftliche Sanktionen einschließen kann, um weitere militärische Eingriffe zu unterbinden.
Mit freundlichen Grüßen,
Tiemo Wölken