Frage an Tiemo Wölken von Margret B. bezüglich Humanitäre Hilfe
Sehr geehrter Herr Wölken,
ich richte mich mit der dringlichen Bitte an Sie, sich für die sofortige Evakuierung der EU-Lager auf den griechischen Inseln einzusetzen.
Die Situation in den überfüllten Lagern ist schon seit Jahren untragbar, es fehlt an allem: von hygienischer Grundausstattung bis zu medizinischer Versorgung. Mit der zu befürchtenden Ausbreitung des Coronavirus in den Camps droht dort eine Katastrophe unbeschreiblichen Ausmaßes. Gefangen und isoliert auf den Inseln sind die Menschen der Pandemie schutzlos ausgeliefert. Schutzmaßnahmen, die auf dem europäischen Festland getroffen werden, sind dort schlicht unmöglich. Sie dürfen eine solche Katastrophe auf den griechischen Inseln unter unser aller Augen nicht zulassen! Ohne schnelles und beherztes Einschreiten ist allein auf Lesbos mit Hunderten von Toten zu rechnen.
Dies, während in Deutschland und weiteren EU-Mitgliedstaaten permanent die Aufnahmebereitschaft durch unzählige Kommunen und die Zivilgesellschaft erklärt wird. Die Bundesregierung hat die Möglichkeiten, die Menschen aus den überfüllten Lagern an den EU-Außengrenzen sofort zu evakuieren und ihre Unterbringung in aufnahmebereiten Ländern und Kommunen sicher zu stellen. Es scheitert nur am politischen Willen.
Wir merken gerade am eigenen Leib, wie wichtig ein Gefühl von Sicherheit durch medizinische Betreuung ist, wie wichtig ein Zuhause ist, das Zuflucht sein kann, und wie sehr wir auf die Unterstützung und Solidarität einer Gemeinschaft angewiesen sind. Gerade in Krisenzeiten wie diesen muss vor allem auch an die Menschen gedacht werden, die sich in besonders verletzlichen und prekären Situationen befinden. Sie als Verantwortliche*r haben die Wahl, diese Krisenzeiten gemeinsam in Solidarität zu bewältigen oder in Egoismus und Abschottung zu verfallen und sich damit von europäischen Werten und Menschenrechten zu verabschieden.
Unsere Sorgen und Zuwendungen müssen allen Menschen gleichermaßen gelten. Lassen Sie niemanden zurück, auch nicht an den EU-Außengrenzen! Halten Sie mit uns zusammen: #LeaveNoOneBehind!
Mit freundlichen Grüßen
Margret Barra
Sehr geehrte Frau Barra,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich teile Ihr Anliegen vollkommen.
Das Problem stellt sich aus meiner Sicht folgendermaßen dar:
1. Es gibt leider immer noch keinen Umverteilungsmechanismus - das Parlament hat sich schon 2017 dafür ausgesprochen, der Gesetzesvorschlag wird aber leider noch immer von einigen unwilligen Mitgliedstaaten im Rat der EU blockiert.
2. Das Freigeben von und Umverteilen über humanitäre Kontingente funktioniert leider nicht. Die SPD-Gruppe im Europäischen Parlament und unsere Fraktion fordert die EU-Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission auf, eine unverzügliche Evakuierung der Lager einzuleiten, angefangen mit besonders gefährdeten Menschen, wie Älteren oder Menschen mit Atemwegserkrankungen. Daran sollten alle Mitgliedstaaten mitwirken, solange dies jedoch nicht der Fall ist, müssen aufnahmewillige Staaten schnell vorangehen. Dabei können sie auf die zahlreichen aufnahmebereiten Städte und Gemeinden zugehen. Allein in Deutschland gibt es 140 Städte, die ihre Hilfe angeboten haben. Diese Hilfe umzusetzen muss ihnen unbürokratisch ermöglicht werden. Das gilt natürlich auch für Initiativen und das Engagement von NGOs, wie zum Beispiel die des Mission Lifeline e.V.
Wir arbeiten im Europäischen Parlament gerade an einer erneuten Entschließung zu dem Thema.
Mit freundlichen Grüßen,
Tiemo Wölken