Frage an Tiemo Wölken von Leo W. bezüglich Recht
Moin.
Auf dem 35c3 war gerade ein Talk betitelt "Electronic Evidence in Criminal Matters", über den "Vorschlag für eine Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafsachen".
Wie stehen Sie zu diesem Gesetzesvorschlag?
Sehr geehrter Herr Wattenberg,
vielen Dank für ihre Anfrage. Wie die SPD-Europa, vertrete auch ich die Ansicht, dass es eine bessere Zusammenarbeit der europäischen Behörden zur schnellen Strafverfolgung geben muss. Elektronische Beweismittel sind heute oft die einzigen Beweismittel, die zu einer Verurteilung von Straftaten führen können. Digitale Beweise sind zudem oft sehr kurzlebig. Deshalb besteht für uns Handlungsbedarf.
Allerdings ist der Vorschlag für die Richtlinie in seiner jetzigen Form noch nicht ganz ausgereift. Der Richtlinie zufolge dürfte jede europäische Ermittlungsbehörde Daten von Providern, welche in anderen EU-Mitgliedsstaaten ansässig sind, herausfordern, ohne dass eine Behörde des betroffenen Staates eingeschaltet wird. Problematisch daran ist, dass das Strafrecht in den Mitgliedsländern nicht ausreichend harmonisiert ist um einen solchen Schritt zu gehen. Handlungen, die in einem Mitgliedsstaat strafbar sind, können in einem anderen Mitgliedsstaat straflos sein. Eine strafrechtliche Verfolgung über Staatsgrenzen hinweg ist aber nur sinnvoll, wenn die Begangene Handlung in beiden Staaten strafbar ist. Durch den direkten Zugriff der ausländischen Behörde auf einen Provider würde dies umgangen werden.
Außerdem wird den Providern eine zu hohe Verantwortung aufgezwungen. So müssten sie zum Beispiel die Authentizität einer anfragenden Behörde prüfen, grundrechtliche Fragen und eventuelle Immunitäten klären. Im Notfall sollen Provider laut Vorschlag nur 6 Stunden Zeit haben um das Material herauszugeben. Dieser Zeitdruck ist für kleine Unternehmen kaum zu bewältigen. Aus diesen Gründen ist es wichtig, die Behörden der jeweiligen Mitgliedsstaaten miteinzubeziehen. Eine Privatisierung der Strafverfolgung kann ich nicht unterstützen.
Insgesamt ist der Vorschlag somit verbesserungsbedürftig, für mich ist die Einführung eines Instruments für die EU-weite Strafverfolgung aber wichtig.
Mit freundlichen Grüßen,
Tiemo Wölken