Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur amtsangemessenen Alimentation (Drs. 18/11498): Wie stehen Sie und wie steht Ihre Partei zu dem Gesetzentwurf?
Sehr geehrte Frau Harnisch, im Beteiligungsverfahren ist umfassend nachgewiesen worden, dass der vom Finanzministerium erstellte Entwurf vielfach nicht mit der Verfassung in Einklang zu bringen ist. Hinsichtlich meiner Wahlentscheidung möchte ich gerne von Ihnen wissen, wie stehen Sie und wie steht Ihre Partei zu dem Gesetzentwurf und wie wird Ihr Abstimmungsergebnis ausfallen. Mit freundlichen Grüßen, Volker B.
Sehr geehrter Herr B.,
bitte entschuldigen Sie die verzögerte Antwort. Da es sich bei der Fragestellung nicht um meinen Fachbereich handelt, musste ich zunächst Erkundigungen einholen.
Der GBD und einige Verbände haben in Bezug auf die Regelung zum Familienergänzungszuschlag verfassungsrechtliche Bedenken dahingehend geäußert, dass in den betroffenen Fallkonstellationen (Alleinverdienerfamilie mit zwei Kindern aus den Besoldungsgruppen A 5 bis A 9) eine Beförderung unter Umständen keine finanzielle Besserstellung bewirke, da der Beförderungsgewinn durch die Reduzierung des Familienergänzungszuschlags aufgezehrt werde. Dadurch werde ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Abstandsgebot bewirkt.
Demgegenüber vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass eine solche Verletzung nicht vorliegt. Das Bundesverfassungsgericht bezieht das Abstandsgebot im Rahmen der jüngeren Rechtsprechung vorrangig auf Grundgehälter, nicht jedoch auf sonstige Bestandteile der Besoldung wie den Familienzuschlag. Ein Beförderungsgewinn ist grundsätzlich als rechtlich werthaltiger anzusehen als ein Familienergänzungszuschlag in gleicher Höhe. Er wirkt im Unterschied zum Familienergänzungszuschlag lebenslang und unabhängig vom familienbezogenen Einkommen und eröffnet in der Regel weitere Beförderungsperspektiven.
Der Zweck des Familienergänzungszuschlages besteht einzig darin, den verfassungsrechtlich gebotenen Mindestabstand in den unteren Besoldungsgruppen zum sozialrechtlichen Grundbedarf in jeder familiären Konstellation zu gewährleisten. Er ist im Gegensatz zum Grundgehalt nicht ruhegehaltfähig. Wenn der Mindestabstand zum Grundbedarf durch Beförderungen oder den Aufstieg in Erfahrungsstufen ganz oder teilweise hergestellt wird, entfällt insoweit die Rechtfertigung für die Gewährung eines Familienergänzungszuschlags.
Hinzu kommt, dass der Familienergänzungszuschlag aufgrund der niedrigen Hinzuverdienstgrenzen nur in seltenen Ausnahmefällen zur Anwendung kommen wird. Nach der vorläufigen Einschätzung des Finanzministeriums wird es lediglich in einer Größenordnung von unter zwei Prozent aller Besoldungsfälle zu entsprechenden Konstellationen kommen. Grundsätzlich ist der Gesetzgeber berechtigt, Regelungen auf den Regelfall abzustellen und Pauschalierungen vorzunehmen.
Letztlich ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Frage nicht mit Sicherheit zu prognostizieren, da Niedersachsen mit der Regelung zum Familienergänzungszuschlag rechtliches Neuland betritt. Allerdings sehen bereits Gesetze und Gesetzesentwürfe in Schleswig- Holstein, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern entsprechende Regelungen vor.