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Thomas Zebunke
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Frage von Miriam J. •

Frage an Thomas Zebunke von Miriam J. bezüglich Frauen

Sehr geehrter Herr Zebunke,

anlässlich der anstehenden Landtagswahl möchte ich Sie fragen, wie Sie bzw. Ihre Partei sich zu den folgenden frauenpolitischen Fragestellungen positionieren:

1.) Terre des Femmes hat mit der Petition „Den Kopf frei haben“ eine Kampagne zur Einführung eines Kopftuchverbotes für Minderjährige insbesondere an Schulen gestartet. Werden Sie sich für die Umsetzung eines solchen Verbotes einsetzen, sodass Mädchen an hessischen Schulen nicht länger durch patriarchalische Traditionen in ihrer freien Entwicklung behindert und sozial ausgegrenzt werden?

2.) Seit 2003 ist die Zahl der Einrichtungen, wo Frauen sichere Schwangerschaftsabbrüche vornehmen lassen können, um 40 % zurück gegangen ist. Grund dafür ist u.a. das militante Auftreten religiöser Fundamentalisten, die FrauenärtzInnen einschüchtern und bedrohen. Zudem dürfen ÄrztInnen selbst entscheiden, ob sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen oder nicht. Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um eine engmaschige, flächendeckende Versorgungsstruktur in Hessen sicherzustellen?

3.) Dank der liberalen Gesetzgebung floriert in Deutschland und Hessen die Prostitution. Studien wie Farley et al. (2003, http://prostitutionresearch.com/pdf/Prostitutionin9Countries.pdf) zeigen allerdings auf, dass die Mehrheit der Prostituierten zum einen in der Kindheit Gewalt und sexuellen Missbrauch erlebt haben und zum anderen unter posttraumatischen Belastungsstörungen leidet. Gleichzeitig zeigt U. Gerheim in seiner Studie „Die Produktion des Freiers“ auf, dass bei einigen Freiern durch kontinuierliche Prostitutionsnachfrage ein „Empathie- und Respektsverlust in Bezug auf körperliche und sexuelle Grenzsetzung“ (S. 303) festgestellt werden kann.
Wie wollen Sie deutschen und ausländischen Prostituierten in Hessen helfen, aus der Prostitution auszusteigen? Mit welcher Strategie wollen Sie zum Wohle der Gesellschaft die Prostitutionsnachfrage zurückdrängen?

Mit freundlichen Grüßen
M. J.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Miriam Jüngling,

vielen Dank für die interessanten Fragen und deren Übermittlung.

Hier die Antworten dazu:

1.) Terre des Femmes hat mit der Petition „Den Kopf frei haben“ eine Kampagne zur Einführung eines Kopftuchverbotes für Minderjährige insbesondere an Schulen gestartet. Werden Sie sich für die Umsetzung eines solchen Verbotes einsetzen, sodass Mädchen an hessischen Schulen nicht länger durch patriarchalische Traditionen in ihrer freien Entwicklung behindert und sozial ausgegrenzt werden?

ANTWORT:

Wir müssen uns fragen, ob diese Mädchen wirklich in ihrer freien Entwicklung behindert und sozial ausgegrenzt werden? Im deutschen Grundrecht ist verankert, dass jede*r seine Religion, ob passiv oder aktiv, ausüben darf. Es wurde hart für die Freiheit gekämpft, dass jede*r anziehen kann, was er möchte. Dies schließt ein Kopftuch mit ein. Die Kommunion findet im Alter von neun bis zehn statt, die Konfirmation mit 14. Das ist so, weil wir glauben, dass die Kinder oder Jugendlichen alt genug sind, einen Bund mit Gott einzugehen. Dieses Recht muss man auch muslimischen Mädchen zusprechen. Ich würde hier lieber die Lehrer*innen, Schüler*innen und Sozialarbeiter*innen mit ins Boot nehmen um die Frage zu beantworten: wird das Kopftuch aus tiefer religiöser Hinwendung, persönlicher Selbsartikulation oder aus sozialem Druck getragen? Selbstverständlich, wenn das Kopftuch aus letzterem Grund heraus getragen wird, müssen diese Mädchen mit allen Mitteln und Wegen unterstützt werden.

2.) Seit 2003 ist die Zahl der Einrichtungen, wo Frauen sichere Schwangerschaftsabbrüche vornehmen lassen können, um 40 % zurück gegangen ist. Grund dafür ist u.a. das militante Auftreten religiöser Fundamentalisten, die FrauenärtzInnen einschüchtern und bedrohen. Zudem dürfen ÄrztInnen selbst entscheiden, ob sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen oder nicht. Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um eine engmaschige, flächendeckende Versorgungsstruktur in Hessen sicherzustellen?

ANTWORT:

Zum einem unterstützen die Grünen im Landtag jetzt schon beteiligte Dritte, wie die KV Hessen oder die Träger der Schwangerschaftskonfliktberatung dabei, eine überregionale, transparente und umfassende Liste zusammenzustellen in denen die Ärztinnen und Ärzte enthalten sind, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen.“ Paragraf 219a sollte in der großen Koalition (im Bund) schon abgeschafft werden, leider knickte die SPD ein. Die Grünen setzen sich dafür ein, das der Paragraph 219a abgeschafft wird und es damit Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen es im Alltag leichter haben, darauf hinzuweisen. Wir treten für Hilfen für Frauen ein, Beratungen wollen wir ausbauen, Frauenärztinnen helfen, deren Denunzation bekämpfen wir und den Paragraf 219 wollen wir so verändern, dass der Abbruch z.B. im Internet angegeben werden darf.

3.) Dank der liberalen Gesetzgebung floriert in Deutschland und Hessen die Prostitution. Studien wie Farley et al. (2003, http://prostitutionresearch.com/pdf/Prostitutionin9Countries.pdf) zeigen allerdings auf, dass die Mehrheit der Prostituierten zum einen in der Kindheit Gewalt und sexuellen Missbrauch erlebt haben und zum anderen unter posttraumatischen Belastungsstörungen leidet. Gleichzeitig zeigt U. Gerheim in seiner Studie „Die Produktion des Freiers“ auf, dass bei einigen Freiern durch kontinuierliche Prostitutionsnachfrage ein „Empathie- und Respektsverlust in Bezug auf körperliche und sexuelle Grenzsetzung“ (S. 303) festgestellt werden kann.

Wie wollen Sie deutschen und ausländischen Prostituierten in Hessen helfen, aus der Prostitution auszusteigen? Mit welcher Strategie wollen Sie zum Wohle der Gesellschaft die Prostitutionsnachfrage zurückdrängen?

ANTWORT:

Ziel des Prostitutionsgesetz war es, die Diskriminierung von Prostituierten abzubauen und ihre rechtlichen und sozialen Situation zu verbessern. Vor diesem Gesetz waren Prostituierte gänzlich ohne Schutz. Sie haben die Möglichkeit ihre Entgeldforderung einzuklagen, in die gesetzliche Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung einzuzahlen. In Hessen wurde unter Beteiligung der Grünen das Sozialbudget erhöht. Mehr Menschen in Not sollen mehr Hilfe bekommen. Ab 2019 wird das 118 Millionen Euro umfassen (66 Millionen Euro mehr, dank der Grünen Regierungsbeteiligung). Das Geld fließt in die Sozialarbeit von Kommunen, Verbänden und Institutionen. Dies umfasst den Schutz von Frauen vor Gewalt. Die Grünen Hessen fordern ein flächendeckendes Angebot von Frauenhäusern und Interventionsstellen. Wir brauchen mehr Sozialarbeiter*innen, die Prostituierten kompetent helfen, auszusteigen und alternativen aufzuzeigen. Zeitgleich müssen die Rechte von Sexarbeiter*innen weiter verstärkt werden. Die Bekämpfung der Prostitution kann aber nicht nur über das Strafrecht oder Prostitutionsverbot laufen, sondern vielmehr über eine grundlegende Diskussion über das Verhältnis der Gesellschaft dazu.