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Thomas Silberhorn
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Frage von Michael S. •

Frage an Thomas Silberhorn von Michael S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Silberhorn,

seit der Bayerische Verfassungsgerichtshof ein Volksbegehren zum Mindestlohn für nicht zulässig erklärt hat, frage ich mich, welche Funktion Artikel 169 der Verfassung des Freistaates Bayern

"Für jeden Berufszweig können Mindestlöhne festgesetzt werden, die dem Arbeitnehmer eine den jeweiligen kulturellen Verhältnissen entsprechende Mindestlebenshaltung für sich und seine Familie ermöglichen"

hat.

Wo liegt hier der Fehler? Bei der Verfassung oder bei der Rechtssprechung?

Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt der Verfassung des Freistaates Bayern:

Im Artikel 13, Absatz 1 heisst es: "Der Landtag besteht aus 180 Abgeordneten des bayerischen Volkes" - die Zahl 180 findet sich ebenfalls im Artikel 23 ("Zahl der Abgeordneten").

Entgegen der Verfassung setzt sich der derzeitige Landtag aber aus 187 Abgeordneten zusammen. Bei den 7 Mandaten handelt es sich Überhangmandate - doch von Überhangmandaten bzw. "180 + x" Abgeordneten ist in der Verfassung nicht die Rede.

Während das Grundgesetz - vermutlich aus gutem Grund - keine konkreten Angaben zur Anzahl der Abgeordneten macht legt die Bayerische Verfassung fest, dass der Landtag aus 180 Abgeordneten besteht.
Ist die derzeitige Zusammensetzung des Landtags verfassungskonform?

Mit freundlichen Grüßen

Michael Schropp

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Sehr geehrter Herr Schropp,

für das Arbeitsrecht, zu dem die Festlegung von Mindestlöhnen zählt, hat der Bund eine sog. konkurrierende Gesetzgebungskompetenz (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG). In diesem Bereich dürfen die Länder nur tätig werden, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Der Bund hat jedoch mit dem Gesetz über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen und mit dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz von seiner Gesetzgebungskompetenz für Mindestlöhne erschöpfend Gebrauch gemacht. Daneben bleibt für landesrechtliche Regelungen kein Raum. Aus diesem Grund hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof (Aktenzeichen: Vf. 111-IX-08) ein Volksbegehren über den Entwurf eines bayerischen Mindestlohngesetzes völlig zu Recht für unzulässig erklärt.

Die Zusammensetzung des Bayerischen Landtags aus derzeit 187 Abgeordneten ist selbstverständlich verfassungskonform. Zwar ist die Mitgliederzahl in Art. 13 Abs. 1 BayVerf auf 180 festgelegt. Eine Ausnahme dazu finden Sie jedoch in Art. 14 Abs. 1 Satz 6 BayVerf: "Durch Überhang- und Ausgleichsmandate ... kann die Zahl der Abgeordneten nach Art. 13 Abs. 1 überschritten werden."

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Silberhorn

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