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Thomas Silberhorn
CSU
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Frage von Arthur M. •

Frage an Thomas Silberhorn von Arthur M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Herr Silberhorn,

im Grundgesetz unserer Republick ist festgelegt, dass die Bundeswehr eine Verteidigungsarmee ist oder besser gesagt sein soll. Wie kommt es dann dazu dass 9000 deutsche Soldaten in Auslandseinsätzen sind und diese noch ausgeweitet werden? Mir war bisher nicht bekannt, dass Deutschland sich mit z.B. Afghanistan im Krieg befindet.

Das Weißbuch „Zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“ von 2006 ebenso wie die Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992 sagen offen, was das Ziel der Einsätze der Bundeswehr im Ausland ist: die Absicherung der Rohstoffversorgung und der Absatzmärkte der deutschen Industrie. „Deutschland leistet seinen Beitrag zur Aufrechterhaltung der herrschenden Weltordnung.“

Für dieses Ziel wird der Rüstungshaushalt laufend erhöht. Dieses Jahr wurde er um 480 Millionen Euro aufgestockt. Insgesamt beträgt der Militärhaushalt 28,4 Milliarden Euro. Von 2006 bis 2010 ist ein Anstieg um 10,4 Prozent geplant. Für Auslandseinsätze der Bundeswehr sind in diesem Jahr 642 Millionen Euro eingeplant, was aber die Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes und den Libanon-Einsatz noch gar nicht berücksichtigt. Seit 1992 haben die Auslandseinsätze insgesamt 10 Milliarden Euro verschlungen.

Wären diese 10 Milliarden Euro Ihrer Meinung nach nicht besser angelegt in beispielsweise Entwicklungshilfe, Bildung, oder auch einfach nur zum Abbau der enormen Staatsschulden?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Murphy,

im Grundgesetz steht in der Tat, dass der Bund "Streitkräfte zur Verteidigung" aufstellt (Art. 87a Absatz 1 Satz 1 GG). Weiter heißt es aber in Art. 87a Absatz 2 GG: "Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt." Auf dieser Grundlage in Verbindung mit Art. 24 Absatz 2 GG kann die Bundeswehr an Auslandseinsätzen im Rahmen und nach den Regeln der Vereinten Nationen teilnehmen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mittlerweile wiederholt festgestellt. Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan beruht zum einen auf dem Recht zur kollektiven Selbstverteidigung nach Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen hinsichtlich der Operation Enduring Freedom und zum anderen auf einer Folge von Resolutionen des VN-Sicherheitsrates nach Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen hinsichtlich des ISAF-Mandats (International Security Assistance Force).

Die Auslandseinsätze der Bundeswehr sind auch eine Antwort auf die veränderte Sicherheitslage. Die asymmetrische Bedrohung durch internationale Terrorismen erfordert, Krisen dort zu begegnen, wo sie entstehen, bevor sie uns in Europa und Deutschland gefährlich werden können. Mehrere vereitelte Anschläge in Deutschland machen das sehr deutlich. Welche Ziele mit einem Einsatz der Bundeswehr im Ausland verfolgt werden, ist jeweils im Einzelfall zu bestimmen. Die Sicherung von Handelswegen kann dabei durchaus ein sicherheitspolitisch relevanter Aspekt sein, der beispielsweise bei den im Rahmen der Operation Enduring Freedom eingesetzten Seestreitkräfte eine Rolle spielt. Ich halte es allerdings für geboten, über Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht nur akzidentiell zu entscheiden, sondern konzeptionell zu klären, unter welchen Voraussetzungen wir uns an der Beilegung internationaler Krisen beteiligen. Für die CSU habe ich daher Leitlinien für Auslandseinsätze der Bundeswehr entwickelt, die die CSU-Landesgruppe bei ihrer Klausurtagung in Wildbad Kreuth im Januar 2007 beschlosssen hat. Den Text können Sie auf meinen Internetseiten www.thomas-silberhorn.de oder unter www.csu-landesgruppe.de einsehen.

Die Erhöhung des Verteidigungsetats um 480 Mio. Euro auf 28,38 Mrd. Euro bedeutet zwar einen Zuwachs von ca. 1,7 Prozent. Zugleich rechnet das Bundesfinanzministerium aber mit einer Inflationsrate von 2,2 Prozent in 2007 (Stand: 22.10.2007). Die prozentuale Erhöhung des Verteidigungshaushalts bedeutet also realiter eine Kürzung der Ausgaben. Abgesehen davon bin ich sehr wohl der Ansicht, dass wir uns aufgrund begrenzter Ressourcen an Personal, Material und Finanzmitteln nur selektiv an der Beilegung internationaler Krisen beteiligen können. Deshalb ist es wichtig und richtig, Auslandseinsätze der Bundeswehr zu reduzieren (wie beim UNIFIL-Mandat im Libanon) oder zu beenden (wie die Kongo-Mission), wenn ihre Ziele teilweise oder vollständig erreicht worden sind. Im Übrigen darf nicht vergessen werden, dass die Bundeswehr mit ihren Auslandseinsätzen im Ergebnis unserer eigenen Sicherheit dient. Die lässt sich freilich schwer bilanzieren. Doch werden uns Konflikte, die uns etwa durch Flüchtlingswellen einholen, sehr viel mehr Aufwand abverlangen, als zu ihrer Lösung vor Ort beizutragen.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Silberhorn

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